Die Einführung neuer Geschwindigkeitsgrenzen in Ravensburg steht seit dem 4. November 2023 im Rahmen des EU-Lärmaktionsplans im Fokus. Die neuen Tempo 30-Zonen, die tagsüber in vielen Bereichen gelten, haben bereits spürbare Auswirkungen auf den örtlichen Verkehr. Sie sind vor allem für Pendler eine Herausforderung und führen zu verlängerten Fahrzeiten.

Ein Beispiel hierfür ist Harald Dubyk, der für seine Pendelstrecke von Wolfegg nach Wilhelmsdorf nun 45 bis 50 Minuten benötigt, während er zuvor nur 35 Minuten für die gleiche Strecke brauchte. Die generelle Zunahme von Tempo-30-Zonen in verschiedenen Städten und Gemeinden trägt ebenfalls zur Erhöhung der Fahrzeiten bei. Zudem verursachen langsames Abbremsen an Ortsschildern Rückstaus, die die Reisezeit zusätzlich verlängern.

Unattraktive ÖPNV-Alternativen

Die Attraktivität von öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bussen und Fahrrädern leidet unter diesen Veränderungen. Längere Fahrzeiten, wie sie durch die neuen Geschwindigkeitsvorgaben entstehen, machen alternative Verkehrsmittel unattraktiv. Busse müssen ebenfalls die Tempo-30-Regelung einhalten, was zu Verspätungen im Fahrplan führt. Bodo, der Bodensee-Oberschwaben Verkehrsbund, bestätigt, dass die neuen limitierenden Geschwindigkeiten tagsüber direkte Auswirkungen auf die Fahrpläne der Buslinien haben.

Auf der Regiobus-Linie R45 beträgt die zusätzliche Fahrzeit durch die Tempo-30-Vorgabe nun rund zwei Minuten. Um die Stabilität der Fahrpläne zu gewährleisten, wurde die Haltestelle Mariatal auf die alte B30 verlegt, was jedoch kein Verkürzen der Fahrtzeit im Allgemeinen bedeutet. Auch im Stadtverkehr kommt es häufig zu Stopps aufgrund der Geschwindigkeitsbegrenzung und der erforderlichen Schrittgeschwindigkeit in der Altstadt.

Langfristige Auswirkungen auf den Verkehr

Experten warnen vor den langfristigen Folgen dieser neuen Geschwindigkeitsvorgaben. Prognosen deuten darauf hin, dass weitere Geschwindigkeitsreduzierungen ab dem Jahr 2027 umfassende Änderungen der Busfahrpläne nötig machen könnten. Zudem könnten die durch die verlängerten Fahrzeiten entstehenden Mehrkosten dazu führen, dass der öffentliche Nahverkehr eingeschränkt wird. Dies könnte nicht nur die Attraktivität des Busangebots verringern, sondern auch die Nutzung des ÖPNV insgesamt beeinträchtigen.

Eine Untersuchung zu den Auswirkungen von Tempo 30 auf den öffentlichen Verkehr, die Anfang 2023 im Auftrag des Verkehrs-Clubs der Schweiz durchgeführt wurde, zeigt, dass die Einführung von Tempo 30 in der Praxis zu einer durchschnittlichen Fahrtzeitverlängerung von rund 1,5 Sekunden pro 100 Meter für Busse führt. Dabei hängt der effektive Zeitverlust stark vom Anteil der Tempo-30-Abschnitte auf einer Buslinie ab.

Maßnahmen zur Minimierung der Auswirkungen

Um die negativen Auswirkungen der Geschwindigkeitsreduktion zu minimieren und die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs zu erhalten, sind begleitende Maßnahmen von Bedeutung. Dazu gehören beispielsweise Bevorrechtigung an Lichtsignalanlagen oder spezielle Busfahrstreifen, die helfen können, die Fahrzeitverlängerungen zu reduzieren. In einigen Fällen stellen geringfügig längere Fahrzeiten keine nennenswerte Einschränkung für die Fahrgäste dar, sofern die Fahrpläne entsprechend angepasst werden.

Trotz der Herausforderungen zeigen Studien, dass Tempo 30 auch positive Aspekte mit sich bringen kann. Ein gleichmäßigerer Verkehrsfluss führt zu einer besseren Betriebsstabilität und kann nachhaltigere Verkehrslösungen fördern. Abschließend bleibt abzuwarten, wie die verschiedenen Akteure auf die Veränderungen reagieren und welche Maßnahmen ergriffen werden, um die Herausforderungen einer sicheren und effektiven Mobilität zu meistern.