Am 6. Januar 2025 beginnt vor dem Stuttgarter Landgericht ein Prozess, der aufgrund eines skandalösen Vorfalls neu aufgerollt werden muss. Der Hauptgrund für die Wiederholung sind die Aktivitäten eines Schöffen, der während einer Zeugenaussage auf sein Handy blickte. Dies führte zu einem Antrag der Angeklagten auf Ablehnung des Schöffen, da mögliche Befangenheit befürchtet wurde. Alle bisherigen Verhandlungen, die bereits fünf Prozesstage umfassten, müssen nun ab Dienstag, 9:00 Uhr, erneut geführt werden. Die Angeklagten, zwei junge Männer im Alter von 22 und 21 Jahren, stehen seit Ende Oktober 2023 wegen versuchten Mordes an einem 34-jährigen Türken im Fokus der Justiz. Dieser wurde im März 2023 in Zuffenhausen angeschossen.
Ein weiterer Angeklagter, ein 21-jähriger Türke, sieht sich dem Vorwurf der Strafvereitelung ausgesetzt, da er die Waffe nach der Tat entsorgt haben soll. Die Schüsse, die im Rahmen dieser Gewaltserie gefallen sind, werden rivalisierenden Banden in der Region Stuttgart zugeschrieben, deren Ermittlungen bereits seit Mitte 2022 laufen. Die Staatsanwaltschaft hat die mutmaßlichen Täter einer Gruppe aus Esslingen zugeordnet, das Opfer gilt hingegen als Führungsfigur einer gegnerischen Gang aus Zuffenhausen.
Rivalisierende Banden und ihre Auswirkungen
Die Situation rund um die Bandenkriminalität in Baden-Württemberg ist alarmierend. Laut Ermittlungsergebnissen sind seit 2022 im Großraum Stuttgart 15 Schießereien verzeichnet worden, was zu einer erhöhten Besorgnis in der Bevölkerung geführt hat. Die Banden operieren in klar definierten Einflussgebieten und sind nach diesen benannt. So gibt es eine Gruppe mit Aktionsradius in Esslingen, Plochingen und Ludwigsburg, während die andere in Zuffenhausen und Göppingen aktiv ist. Die meisten Mitglieder sind zwischen 18 und 28 Jahren alt und besitzen überwiegend einen Migrationshintergrund, insbesondere aus der kurdischen Gemeinschaft.
Besonders auffällig ist der Einsatz martialischer Aufmärsche von jungen Männern, die Rache skandieren. Ermittler überprüfen zurzeit auch Rapvideos, die Hinweise auf Bandenmitglieder und deren Aktivitäten geben. Der Rapper Dardan hat beispielsweise Verbindungen zu der Gruppe aus Zuffenhausen-Göppingen und thematisiert in seinen Texten die Freiheit für inhaftierte Drogendealer.
Die Reaktion der Behörden
Die Gefährlichkeit der Gangs in der Region ist nicht zu unterschätzen. Polizeipräsident Markus Eisenbraun hat gewarnt, dass die Banden mehr als 500 Mitglieder haben und in verschiedene Bereiche der Kriminalität involviert sind. Obwohl das Innenministerium eine Einstellungsoffensive bei der Polizei angekündigt hat, befürchtet die Gewerkschaft der Polizei, dass die bundesweit geringste Polizeidichte in Baden-Württemberg die Situation verschärfen könnte. Ministerpräsident Winfried Kretschmann sieht keinen Zusammenhang zwischen der Polizeidichte und den Sicherheitsproblemen in der Region, während die Gewalt zwischen den Banden weiterhin sorgt.
Inmitten dieser konfliktreichen Situation steht Shariar K., ein iranischer Kurde, der im Sommer 2023 eine mit 3.000 Stahlkugeln gefüllte Handgranate dabei hatte. Während einer Trauerfeier in Altbach verletzte er 15 Personen, verfehlte jedoch sein Ziel. Diese Eskalation der Gewalt hat die ohnehin angespannte Lage in Baden-Württemberg weiter angeheizt und unterstreicht die Dringlichkeit des Themas.
Wie sich die Ereignisse um den neu aufgerollten Prozess und die Bandenkriminalität in Baden-Württemberg weiter entwickeln, bleibt abzuwarten. Die Öffentlichkeit und die Behörden stehen vor der Herausforderung, diese Probleme anzugehen und die Sicherheit für alle Bürger zu gewährleisten.
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