Am Landgericht Ellwangen hat der Prozess gegen ein Neresheimer Ehepaar begonnen, das der umstrittenen Reichsbürgerszene zugeordnet wird. Den beiden wird vorgeworfen, unerlaubt Schusswaffen gehandelt zu haben. Der erste Prozesstag war geprägt von intensiven Diskussionen über Waffentechnik und Waffenrecht, insbesondere über die Umbaumöglichkeiten von Schreckschusswaffen in scharfe Waffen.
Ein Schusswaffenexperte des LKA Baden-Württemberg gab Aufschluss darüber, dass der Umbau solcher Waffen mit einem handelsüblichen Handbohrer, drei Feilen und einem Schraubstock in etwa anderthalb Stunden zu bewerkstelligen sei. Für den Umbau sei keine besondere Expertise erforderlich, sondern lediglich Erfahrung in der Metallbearbeitung. Der Hauptangeklagte, ein 46-jähriger gelernter Koch, äußerte während der Verhandlung seine Zweifel an der Machbarkeit des Umbaus ohne besondere handwerkliche Fähigkeiten.
Kontroversen über das Gutachten
Die Verteidigung kritisierte das Gutachten sowie die unklaren Rechtsvorschriften, die den Fall betreffen. Matthias Bauerfeind, der Anwalt der Ehefrau, argumentierte, dass für den Umbau der Laufbündel erhebliche Nacharbeiten erforderlich seien, um die Waffen einsatzbereit zu machen. Zudem bemängelte Gerhard Jung, ein weiterer Verteidiger, dass der Gutachter nur eine Waffe bearbeitet habe und daher nicht auf alle anderen Laufbündel schließen könne. Richter Jochen Fleischer unterbrach die Verhandlung, um auf die behandelten Themen der rechtlichen Grundlage und der Waffentechnik hinzuweisen.
Der nächste Verhandlungstermin ist für den 19. Februar um 9 Uhr geplant.
Reichsbürger und das Waffenrecht
Im Kontext der Diskussionen rund um die Reichsbürgerszene stellt sich auch die Frage der Zuverlässigkeit von Waffenbesitzern mit Verbindungen zu dieser Bewegung. Ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) zeigt, dass reichsbürgertypische Äußerungen allein nicht ausreichen, um ein Waffenverbot zu rechtfertigen. In einem Fall, in dem ein Mann mit einem Kleinen Waffenschein diesen freiwillig zurückgab, weil ein Waffenverbot verhängt werden sollte, stellte der VGH fest, dass konkrete Anhaltspunkte für eine gefährliche oder gewaltbereite Gesinnung notwendig sind.
Das Urteil, das am 16. Dezember 2024 erging, unterstreicht die Notwendigkeit, jede Entscheidung über den Waffenbesitz individuell und anhand konkreter Gefahren zu prüfen. Dieser Grundsatz wird vor dem Hintergrund der zunehmenden als Bedrohung angesehenen Reichsbürger-Bewegung besonders relevant, insbesondere nach Vorfällen, bei denen Polizisten zu Schaden kamen.
Zusammenfassend zeigt die rechtliche Praxis, dass pauschale Annahmen über die Gesinnung einer Person nicht ausreichen, um Einschränkungen im Waffenrecht zu rechtfertigen. Im aktuellen Fall müssen die Ermittler und das Gericht genau abwägen, inwiefern die Voraussetzungen für ein Waffenverbot gegeben sind.
Für weitere Informationen zu den rechtlichen Aspekten und Entwicklungen rund um die Reichsbürgerszene und die Waffengesetzgebung können folgende Artikel konsultiert werden: Schwäbische Post, anwalt.de und JurAcademy.