Der Mathematiker und Nationalökonom Emil Julius Gumbel (1891–1966) steht im Mittelpunkt eines bedeutenden kulturellen Ereignisses, das sich mit seinem Leben und Werk auseinandersetzt. Als einer der ersten Wissenschaftler auf der Ausbürgerungsliste des NS-Regimes leistete Gumbel Pionierarbeit in der Extremwerttheorie, einer Methodik zur Berechnung der Wahrscheinlichkeiten für seltene Ereignisse. Uni Konstanz berichtet, dass seine statistischen Analysen die Rechtslastigkeit der Weimarer Justiz offenlegten. Gumbel beleuchtete insbesondere, wie rechtspolitisch motivierte Morde milder bestraft wurden, und dokumentierte politisch motivierte Gewalt in der Weimarer Republik.

Der Dokumentarfilm „Extreme Werte“, der am 9. Januar 2025 im ausverkauften Zebrakino in Konstanz aufgeführt wurde, thematisiert Gumbels Lebensweg und seine bedeutenden Erkenntnisse. Der Film kombiniert historische Bild- und Tonaufnahmen mit modernen Animationen und gab den Zuschauern Einblicke in Gumbels Kampf gegen den aufkommenden Faschismus in den 1920er Jahren, als er aktiv gegen Rassismus und den Missbrauch der Justiz eintrat. Seemoz hebt hervor, dass seine Schrift „Zwei Jahre politischer Mord“ dokumentierte, dass von 314 politischen Morden in der Weimarer Republik 300 von rechten Tätern verübt wurden.

Der Dichter der Extreme

Die Relevanz von Gumbels Arbeit zeigt sich nicht nur im historischen Kontext, sondern auch in der gegenwärtigen Anwendung seiner Extremwerttheorie, die in zahlreichen Bereichen von der Meteorologie bis zur Finanzwissenschaft eingesetzt wird. Gumbel, der als sicherer Pfadfinder in den Unruhen der Weimarer Republik galt, war nicht nur ein Mathematiker, sondern auch ein engagierter Pazifist und Gegner des Krieges. Er trat der „Deutschen Liga für Menschenrechte“ bei und kämpfte an der Seite bedeutender Intellektueller wie Albert Einstein und Kurt Tucholsky.

Nach der Vorführung des Films gab es eine Podiumsdiskussion, an der Mathematiker und die Drehbuchautorin Anke Klaaßen teilnahmen. Matthias Scherer von der TU München, der die Ausstellung und den Film initiierte, erklärte, dass die mathematischen Formeln im Film korrekt sind, jedoch detaillierte Erklärungen ausgelassen wurden. Die anschließende Diskussion diente dazu, die politische Neutralität der Extremwerttheorie zu betonen, wie Beran erläuterte.

Gumbels Flucht und Erbe

Die Zeiten wurden für Gumbel zunehmend gefährlicher. Wegen seiner jüdischen Herkunft und politischen Engagements sah er sich dem Aufstieg des Nationalsozialismus gegenüber. Ein Überfall auf seine Wohnung 1919 durch paramilitärische Einheiten wäre beinahe tödlich geendet, hätte er sich zu diesem Zeitpunkt nicht in Bern aufgehalten. Deutschlandfunk Kultur beschreibt, wie er 1932 seine Lehrerlaubnis entzogen bekam und schließlich ins Exil nach Frankreich und dann in die USA emigrierte, wo er seine wissenschaftliche Arbeit über Extremwerttheorien fortsetzte.

Am 10. Januar 2025 wurde in der vhs-Galerie in Konstanz eine Ausstellung über Gumbel eröffnet, die bis zum 7. Februar 2025 kostenlos besucht werden kann. Diese Initiative unterstreicht nicht nur die Bedeutung von Gumbels mathematischen Theorien, sondern auch sein unermüdliches Engagement im Kampf gegen Unrecht und für Menschenrechte in einer Zeit des politischen Extremismus.