Am 9. Februar 2025 feierte das Badische Staatstheater Karlsruhe die Premiere des Stücks „Tragödienbastard“. Die Inszenierung, unter der Regie von Brit Bartkowiak, behandelt die komplexen Themen Wut und Ohnmacht unter Einwanderertöchtern. Schauspielerinnen Rebecca Seidel, Swana Rode und Laman Leane Israfilova drücken auf eindrucksvolle Weise das Ringen um Identität und Selbstbehauptung aus.
Die Autorin des Stücks, Ewe Benbenek, beleuchtet in ihrer Arbeit das Dilemma, in dem Migrantentöchter stecken. Trotz Bildung und beruflicher Qualifikation sehen sie sich einem ständigen Rechtfertigungsdruck ausgesetzt – gegenüber ihrem deutschen Umfeld und der eigenen Familie. Die emotionale Bandbreite der Aufführung reicht von Verzweiflung bis zu Trotz und Solidarität, was die Herausforderungen der Protagonistinnen deutlich macht.
Einblick in die Inszenierung
Das Bühnenbild, kreiert von Helga Prokoph, spiegelt die Zuschauertribüne wider und lädt das Publikum aktiv in die Thematik ein. Requisiten wie 14 große Kissen in Buchstabenform stehen symbolisch für den Kampf um Sprache, die oft als Mittel zur Ab- und Ausgrenzung wahrgenommen wird. Die Inszenierung vermittelt auch durch die Kostüme – zu Beginn in Blaumännern, später in den stilvollen „Göttinnen der Nacht“ in High Heels – ein Gefühl für die Wandlung der Figuren.
Eine zentrale Szene des Stücks ist die Erzählung der Großmutter, die die Schulzeit der Protagonistinnen beeinflusst und die Herausforderungen ihrer Mütter thematisiert. Die Zuschauer*innen können sich auf verschiedene Emotionen einlassen, die in den Szenen sichtbar gemacht werden, bis das Stück nach 90 Minuten mit dem hoffnungsvollen Schlusssatz „Ich bin nicht allein“ endet.
Gesellschaftlicher Kontext
Das Thema der Ohnmacht und Wut unter Migrantentöchtern weist Parallelen zu den Ergebnissen der Untersuchung „Wer ist tatsächlich benachteiligt? Die Wirkung traditioneller Geschlechterrollen auf schulische Leistungen und elterliche Aspirationen in deutschen und türkischen Familien“. Diese Studie von Zerrin Salikutluk und Stefanie Heyne, veröffentlicht in der Zeitschrift für Soziologie, zeigt auf, welche Auswirkungen traditionelle Geschlechterrollen auf die sozialen und schulischen Leistungen haben und bezieht sich auf die Herausforderungen verschiedener Familientypen.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass nicht nur die individuellen Schicksale von Migrantentöchtern, sondern auch strukturelle Faktoren eine Rolle spielen. Die Thematiken der Legitimierung durch Bildung und das Aufeinandertreffen von Tradition und Moderne sind von grundlegender Bedeutung und werden im Stück eindrucksvoll illustriert. Dies verdeutlicht, dass der Dialog über Migrationsausgrenzung in der Gesellschaft weiterhin notwendig ist.
„Tragödienbastard“ ist nicht nur eine Aufführung, sondern regt zu einer tiefgehenden Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen an und lädt das Publikum dazu ein, die Geschichten der Entourage auf eine sehr persönliche Art und Weise mitzuerleben.