In Baden-Württemberg haben Susanna und Robert Schwierigkeiten beim Bau ihres Fertighauses, die exemplarisch für die Probleme im Handwerk stehen. Aktuell stehen im Keller des Rohbaus Wasseransammlungen, da die Entwässerung versäumt wurde. Zudem gibt es Unklarheiten bezüglich der Verantwortung zwischen der Hausbaufirma und anderen beteiligten Parteien. Vor dem offiziellen Einbau wurden eine Wand beschädigt und ein Rollladenkasten übersehen, was die besorgte Hausbesitzerin und ihren Partner dazu veranlasste, einen professionellen Bauleiter hinzuzuziehen – trotz ihrer eigenen Vorkenntnisse in der Materie.
Aktuell wohnen sie vorübergehend bei Roberts Eltern, um die Baustelle besser im Blick zu haben. Das Problem der unzureichenden Kommunikation zeigt sich nicht nur bei Susanna und Robert; es ist weit verbreitet, dass Termine im Handwerk oft nicht eingehalten oder kurzfristig verschoben werden. Der Fachkräftemangel verschärft die Situation zusätzlich, ein Thema, das laut SWR auch die baden-württembergische Handwerkskammer beschäftigt. Fast die Hälfte der Ausbildungsbetriebe im Land hat unbesetzte Lehrstellen.
Fachkräftemangel im Handwerk
Die Ursachen für den Fachkräftemangel sind vielfältig. Die „Altgesellenregelung“ ermöglicht es Bewerbern, ohne Meisterbrief einen Betrieb zu eröffnen, wenn sie über einen Gesellenbrief und mindestens sechs Jahre Berufserfahrung verfügen. Dennoch bleibt die Anerkennung ausländischer Abschlüsse ein großes Hindernis, das den Mangel an qualifizierten Fachkräften verstärkt. Die Handwerkskammer meldet, dass besonders viele unbesetzte Lehrstellen in den Bereichen Nahrung, Gesundheit und Bau bestehen.
Ein markantes Beispiel ist das Kfz-Handwerk, das bei Auszubildenden vergleichsweise beliebt ist, während die Verdienstmöglichkeiten stark variieren. Während Friseurinnen und Fußpflegerinnen oft nur knapp über 2.000 Euro brutto verdienen, können Straßenbauer über 4.000 Euro brutto erzielen. Diese Gehaltsspanne ist ein weiterer Grund, warum nur jeder fünfte Ausbildungsvertrag in Baden-Württemberg von Frauen abgeschlossen wird, wobei Sexismus und Homophobie im Handwerk hier zusätzliche Hürden darstellen.
Ausbildung und Zukunft des Handwerks
Die Studie von KOFA zeigt, dass die Zahl der offenen Stellen in Handwerksberufen 2022 mit rund 236.818 einen Rekordwert erreicht hat. Besonders im Bauhandwerk ist der Fachkräftemangel ausgeprägt, was auch als zentral für die Energiewende betrachtet wird. Die größte Nachfrage besteht in den Bereichen Bauelektrik und Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, wo jeweils Zehntausende Fachkräfte fehlen.
Die duale Ausbildung wird als Schlüssel zur Fachkräftesicherung im Handwerk angesehen, auch wenn die Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge insgesamt rückläufig ist. Dennoch zeigen die aktuellen Entwicklungen, dass in den gefragtesten Berufen mehr Ausbildungsplätze angeboten werden, während sich die Zahl der Bewerber nicht im gleichen Tempo erhöht. Dies führt zu einem besorgniserregenden Anstieg unbesetzter Ausbildungsstellen, die in einer Zeit des steigenden Bedarfs an Fachkräften besonders alarmierend sind.
Abschließend wünschen sich Susanna und Robert nicht nur eine bessere Kommunikation von Seiten der Handwerker, sondern auch ein höheres Maß an Verantwortung. Diese Wünsche spiegeln die breite Unzufriedenheit wider, die viele Bauherren in der Region empfinden, während das Handwerk mit Herausforderungen kämpft, die nicht nur individuelle Bauprojekte, sondern die gesamte Branche betreffen.