In der neuen Interviewreihe „Große Fragen“ an der RWTH Aachen diskutiert Professor Achim Stahl, ein renommierter Experimentalphysiker, über die Ursprünge des Universums und was tatsächlich vor dem Urknall geschehen sein könnte. Mit einem akademischen Hintergrund in Tübingen, Heidelberg und Bonn und Tätigkeiten am CERN sowie in Stanford und Victoria, widmet sich Stahl den komplexen Themen der Atomphysik, Elementarteilchenphysik und Gravitationswellen.

Die Urknall-Theorie, die das am weitesten verbreitete Modell zur Erklärung der Entstehung und Entwicklung des Universums darstellt, besagt, dass das Universum vor etwa 13,8 Milliarden Jahren aus einer singularen, dichten und heißen Masse entstand. Diese Expansion von Raum, Zeit und Materie wird durch die Relativitätstheorie von Einstein und das Hubble-Gesetz untermauert. Professor Stahl weist darauf hin, dass der „Knall“ des Urknalls kein akustisches Geräusch war, da es zu diesem Zeitpunkt noch kein Medium gab, in dem sich Schall ausbreiten konnte.

Fragen zur Zeit vor dem Urknall

Stahl stellt fest, dass es schwierig ist, wissenschaftlich zu definieren, was vor dem Urknall geschah, da Raum und Zeit erst mit diesem Ereignis entstanden. Frühere Theorien, die von periodischen Universen ausgingen, konnten durch aktuelle Forschungsergebnisse nicht bestätigt werden. Während die Möglichkeit eines früheren Universums nicht ausgeschlossen ist, fehlen pragmatische Beweise, die solche Hypothesen belegen würden. Ein gleichzeitiges Bewusstsein für die Trennung von Glaubensfragen und wissenschaftlichen Fragestellungen ist ihm wichtig.

Die Breite von Stahls Forschungsschwerpunkten umfasst auch die Untersuchung der Antimaterie und deren Verschwinden nach dem Urknall. Des Weiteren beschäftigt er sich mit der Entwicklung von Prototypen aus Holz zur Reduzierung von Vibrationen bei Windturbinen. Dies zeigt die vielseitige Natur seiner beruflichen Engagegement.

Einstein-Teleskop und zukünftige Forschung

Ein zukünftiges Projekt von besonderem Interesse ist das Einstein-Teleskop, das zum Ziel hat, Gravitationswellen zu beobachten. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen nicht nur die frühesten Phasen des Universums erhellen, sondern auch die physikalischen Bedingungen in den ersten Sekunden nach dem Urknall untersuchen. Hierzu sollen 300.000 Jahre nach dem Urknall erste Sterne entstanden sein, wohingegen das Universum anfangs aus Plasma bestand, das sich mit fortschreitender Kühlung in Atome veränderte.

Die Kosten für den Bau des Einstein-Teleskops werden auf etwa 2 Milliarden Euro geschätzt, mit einer erwarteten Entscheidung über den Standort im Mai. Konkurrenzstandorte befinden sich in Sardinien und Sachsen, und es gibt bereits internationale Unterstützung für das Unterfangen.

Im Kontext der Urknall-Theorie gab es bedeutende Fortschritte, etwa bei der Erklärung der Häufigkeit leichter Elemente und dem kosmischen Mikrowellenhintergrund, der etwa 380.000 Jahre nach dem Urknall entstanden ist. Die Grundlagen dieser Theorie bieten weiterhin viele offene Fragen, insbesondere bezüglich der Vereinbarkeit mit der Quantenphysik und der Inflationstheorie, die entwickelt wurde, um bestimmte Probleme des ursprünglichen Modells zu lösen.

Mit der fortschreitenden Forschung, auch durch zukünftige Observationsprojekte wie das James Webb Space Telescope, bleibt das Verständnis der Urknall-Theorie ein dynamisches und spannendes Forschungsgebiet. Die Fragen, die Stahl und andere Wissenschaftler beschäftigen, sind sowohl grundlegend als auch tiefgehend, da sie nicht nur die physikalischen Gesetzmäßigkeiten des Universums, sondern auch unsere Existenz an seiner Wurzel hinterfragen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Diskussion über den Urknall und die damit verbundenen Phänomene gerade erst beginnt und es noch viel zu erforschen gibt. Weitere Informationen zu diesen komplexen Themen finden Sie unter RWTH Aachen und Physikerinnen.de.