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Ein Tag voller Staunen: Demenzkranke erleben das Naturkundemuseum

Eine Gruppe von Seniorinnen mit Demenz erlebte am 11. August 2024 im Naturkundemuseum Karlsruhe eine besondere Führung, die mit der Begegnung eines Haifischs Erinnerungen wecken und die Teilhabe der Betroffenen am gesellschaftlichen Leben fördern soll.

Eine innovative Initiative im Bereich der Demenzbetreuung zieht immer mehr Aufmerksamkeit auf sich, indem sie Menschen mit Demenz neue Wege der Teilhabe an kulturellen Erlebnissen eröffnet. Das Staatliche Museum für Naturkunde Karlsruhe ist Schauplatz eines besonderen Projekts, das nicht nur den Betroffenen, sondern auch ihren Verwandten zugutekommt.

Ein unvergesslicher Tag im Museum

Eine Gruppe von sieben Frauen aus dem Seniorenzentrum Stutensee hat einen außergewöhnlichen Tag im Karlsruher Naturkundemuseum verbracht. Unter der Anleitung von Gerontologin Anna Ziegler und Gedächtnistrainerin Birgit Großhans nahmen sie an einer speziellen Führung für Menschen mit Demenz teil. Ziel dieser Veranstaltung war es, Erinnerungen zu aktivieren und ein Gefühl der Zugehörigkeit zu fördern. „Wir möchten, dass die Teilnehmer das Gefühl haben, dass sie wertgeschätzt werden und nicht am Rand der Gesellschaft stehen“, erklärt Großhans.

Die Rolle der Erinnerungsarbeit

Gemeinsam wurden Meeresbewohner wie der Schwarzspitzen-Riffhai und andere faszinierende Kreaturen betrachtet. Der Spaß am Zuschauen war unverkennbar. Die verschiedenen Sinneserfahrungen – sei es das völlige Eintauchen in die Farben der Fische oder das Fühlen von speziellen Materialien – trugen dazu bei, verloren geglaubte Erinnerungen zurückzubringen. „Es ist beeindruckend zu sehen, wie die Damen auf die Stimuli reagieren. Auch die scheinbar zurückhaltenden Frauen öffnen sich durch die Erlebnisse“, sagte Ziegler bei einer ihrer Führungen.

Wichtige gesellschaftliche Veränderungen

Die wachsende Initiative im Bereich der Demenzbetreuung ist angesichts des demografischen Wandels von enormer Bedeutung. Derzeit leben in Deutschland etwa 1,8 Millionen Menschen mit Demenzerkrankungen, und Prognosen deuten darauf hin, dass diese Zahl bis 2050 auf 2,4 bis 2,8 Millionen ansteigen könnte. „Wir müssen dem steigenden Bedarf gerecht werden“, so eine Sprecherin der Deutschen Alzheimer Gesellschaft. Dabei ist es wichtig, auch jüngere Menschen in die Betrachtung einzubeziehen, da auch diese unter Demenz leiden können. Bereits 100.000 Betroffene sind jünger als 65 Jahre.

Kulturelle Teilhabe als Schlüssel

Die Aktionsideen von Großhans und Ziegler setzen auf kulturelle Teilhabe, denn dies ist nicht nur wichtig für die Lebensqualität der Betroffenen, sondern fördert auch das soziale Miteinander. „Wir wollen ein aktives Leben für Menschen mit Demenz ermöglichen“, betont Ziegler. Ein solcher Ausflug ist nicht einfach nur ein Erlebnis, sondern es bietet den Frauen die Möglichkeit, ihre Freude und Entdeckungen mit anderen zu teilen.

Demenz ist nicht das Ende

Zahlreiche Geschichten, die diese Frauen zu erzählen haben, verdeutlichen, dass Demenz nicht das Ende eines aktiven Lebens bedeutet. Sozialbürgermeister Martin Lenz stellt fest, dass die Diagnose zwar einen Einschnitt darstellt, jedoch nicht das vollständige Ausblenden von sozialen Aktivitäten oder Erinnerungen. Ein Besuch im Naturkundemuseum gibt den Frauen die Chance, in einen aktiven Austausch zu gehen und sich an vergessene Erinnerungen zu erinnern.

Die Initiative in Karlsruhe ist ein leuchtendes Beispiel für den positiven Einfluss, den solche kulturellen Programme auf Menschen mit Demenz haben können. Es zeigt sich, wie sehr die Gefühle der Wertschätzung und die Möglichkeit zur Teilhabe an gemeinsamen Erlebnissen die Lebensqualität der Betroffenen verbessern können.

Lebt in Hamburg und ist seit vielen Jahren freier Redakteur für Tageszeitungen und Magazine im DACH-Raum.
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