Die Grundsteuerreform in Baden-Württemberg hat aufgrund ihrer umfangreichen Neuregelungen für große Verunsicherung unter Grundstückseigentümern gesorgt. Viele Bürger sind mit den neuen Grundsteuerbescheiden konfrontiert worden, die teils drastische Erhöhungen aufweisen. So berichtet ein Hausbesitzer, dass sich seine Steuerlast von unter 500 Euro auf über 2.350 Euro erhöht hat. Fast sechs Millionen Grundstücke wurden im Rahmen dieser Reform in Baden-Württemberg neu bewertet. Erste Analysen belegen, dass die Steuerbelastungen sich unterschiedlich verschieben, ohne dass es dabei einheitliche Trends gibt, wie Focus berichtet.

In Karlsruhe wird prognostiziert, dass etwa 50 Prozent der steuerpflichtigen Wohnimmobilien weniger Grundsteuer zahlen werden. Dies steht im Gegensatz zu anderen Städten wie Reutlingen und Weingarten, wo 52 Prozent bzw. 60 Prozent der Immobilien von gleichbleibenden oder gesunkenen Steuerbeträgen profitieren. Eike Möller vom Steuerzahlerbund hebt hervor, dass einige Eigentümer mit extremen Steuersteigerungen von 300 bis 500 Prozent rechnen müssen.

Veränderte Steueranteile und Belastungen

Einfamilien- und Zweifamilienhäuser tragen nun einen größeren Anteil am Grundsteueraufkommen. Beispielsweise steigt der Anteil von Einfamilienhäusern in Freiburg von 15 Prozent auf 25 Prozent. Auch in Karlsruhe erhöht sich dieser Anteil von 16 Prozent auf knapp 29 Prozent, während in Reutlingen der Anteil von 32 Prozent auf fast 40 Prozent klettert. Dabei erfahren Mietwohnungen in den Städten Karlsruhe, Freiburg und Reutlingen eine stärkere Belastung, während Gewerbeimmobilien im Durchschnitt günstigere Bewertungen erhalten.

In Ulm wächst der Wohnanteil am Grundsteueraufkommen von 56 Prozent auf 62 Prozent, und in Mannheim steigt dieser Anteil von 56 Prozent auf 63 Prozent. In Freiburg finanziert das Wohnen nun 70 Prozent des Steueraufkommens, ein Anstieg von zuvor 61 Prozent. Auch in Weingarten und Ravensburg ist ein ähnlicher Trend zu beobachten. Unter den Immobilienbesitzern besteht jedoch ein weit verbreitetes Missverständnis: Die neue Grundsteuer wird voraussichtlich nicht aufkommensneutral sein, entgegen den Versprechen der Kommunen, die Reform so umsetzen zu wollen, dass nicht mehr eingenommen wird als im Vorjahr.

Rechtslage und Möglichkeiten zur Einspruchserhebung

Die Reform wurde notwendig, nachdem das Bundesverfassungsgericht die alte Regelung als verfassungswidrig einstuft hatte. In einer Umfrage gaben 72 Prozent der Kommunen in Baden-Württemberg an, sich an die Vorgaben der Aufkommensneutralität zu halten. Zudem ist wichtig zu wissen, dass Bodenrichtwerte, die zur Berechnung der neuen Grundsteuer herangezogen werden, den durchschnittlichen Lagewert eines Grundstücks in einer Zone widerspiegeln. Individuelle Werte können nicht direkt angefochten werden, allerdings können Immobilieneigentümer eine Überprüfung durch den Gutachterausschuss anfordern oder ein qualifiziertes Gutachten beauftragen. Letzteres muss bis zum 30. Juni 2025 beantragt werden, um rückwirkend zum 1. Januar 2025 berücksichtigt zu werden, wie Baden-Württemberg erläutert.

Abschließend ist festzuhalten, dass die Reform nicht nur die Grundsteuer betrifft, sondern auch grundsätzlichere steuerliche Fragen aufwirft. Wie das DIW anmerkt, gewinnen bestimmte Immobilienverkäufe im Privatvermögen eine steuerliche Dimension, die bisher weitgehend unbeachtet blieb. Die Diskussion über gerechtere Besteuerung von Veräußerungsgewinnen und die Abschaffung von Steuervergünstigungen für vermietete Immobilien bleibt weiterhin aktuell und könnte künftig weiteren Veränderungen unterworfen sein.