Der Klimawandel hat weitreichende Folgen für die Tierwelt, insbesondere für die Meeresschildkröten. Aktuelle Forschungen zeigen, dass steigende Temperaturen drastische Veränderungen im Geschlechterverhältnis der geschlüpften Nachkommen bewirken können. So könnten einige Populationen, wie die der Unechten Karettschildkröten und der Grünen Meeresschildkröten, aufgrund der klimatischen Veränderungen bald nur noch weiblichen Nachwuchs hervorbringen.

Die Temperatur des Sandes, in dem die Eier abgelegt werden, bestimmt das Geschlecht der Schildkröten. Wärmerer Sand führt zu einem Überhang an Weibchen, während kälterer Sand mehr Männchen hervorbringt. Wissenschaftler warnen, dass in manchen Regionen bis zu 99 Prozent der Jungtiere weiblich sein könnten. Diese Entwicklung könnte in den kommenden 20 Jahren zu einem dramatischen Männermangel und somit zu einer ernsthaften Bedrohung für die Fortpflanzung dieser Arten führen. Colin Limpus, Chefwissenschaftler für Meereskunde an der University of Queensland, hebt hervor, dass steigende Meerestemperaturen und Lufttemperaturen die Neststrände weiter erwärmen werden, was die Situation zusätzlich verschärft, wie Wissenschaft.de berichtet.

Forschung zu Anpassungen

In den letzten Jahrzehnten haben Studien aus Großbritannien und Zypern gezeigt, dass Schildkröten sich an die steigenden Temperaturen anpassen. Zum Beispiel legen Unechte Karettschildkröten ihre Eier mittlerweile durchschnittlich 0,78 Tage früher pro Jahr ab, um ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis zu erhalten. Die Forscher analysierten Daten aus drei Jahrzehnten und platzierten Thermometer in Nester, um die Temperaturverhältnisse zu ermitteln. Diese Anpassungen sind jedoch individuelle Reaktionen und keine evolutionären Strategien, was Fragen zur langfristigen Überlebensfähigkeit aufwirft, wie der Weser-Kurier berichtet.

Die Unsicherheiten über die Fähigkeit der Schildkröten, sich schnell genug an die rasanten Klimaveränderungen anzupassen, bleiben bestehen. Historische Daten zeigen, dass viele Arten früher Nistplätze in Regionen gewählt haben, die heute überschwemmt werden könnten. Diese Nistplätze sind nicht nur gefährdet, sondern die Intensität von Hurrikanen und Wirbelstürmen gefährdet zudem die Lebensräume der Schildkröten. Ein Anstieg des Meeresspiegels könnte Nistplätze unter Wasser setzen, während menschliche Aktivitäten und der Klimawandel die Gefahr für diese Tierarten weiter erhöhen.

Ökologische Auswirkungen

Meeresschildkröten spielen eine wesentliche Rolle in ihrem Ökosystem. Insbesondere die Ernährung von Seegräsern fördert den Nährstoffumsatz in marinen Lebensräumen. Ein Rückgang der Schildkrötenpopulationen könnte somit weitreichende ökologische Konsequenzen nach sich ziehen. Die kulturelle Bedeutung dieser Tiere, insbesondere für indigene Völker, macht ihren Rückgang nicht nur aus ökologischer Sicht bedenklich, sondern auch aus gesellschaftlicher Perspektive.

Die Forschung und das Verständnis über die Lebensweise und Anpassungsstrategien der Meeresschildkröten sind entscheidend, um geeignete Schutzmaßnahmen zu entwickeln. Experten fordern, dass Maßnahmen ergriffen werden, um die Temperaturen an den Brutstätten zu regulieren und die Regeneration von Nahrungsgebieten der Schildkröten zu unterstützen, um diese bedrohten Arten nicht nur zu erhalten, sondern ihnen auch eine Chance auf Fortpflanzung zu geben, wie DW ergänzt.