Am 4. Februar 2025 fand im Egmont Palast in Brüssel ein bedeutender EU-Verteidigungsgipfel statt, dessen Hauptfokus die Erhöhung der Verteidigungsausgaben der Mitgliedsstaaten war. Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Bundeskanzler Olaf Scholz führten die Gespräche im Kontext der wachsenden geopolitischen Bedrohungen, insbesondere durch Russland und Cyberangriffe. Scholz forderte die euroäischen Staaten dazu auf, 2% ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung bereit zu stellen. Derzeit liegt der Durchschnitt der EU-Staaten bei 1,9%, was den Anforderungen der NATO nicht genügt. Der Draghi-Report, vorgestellt im September 2024, schätzt die Kosten für eine verbesserte Verteidigung auf 500 Milliarden Euro und hebt die Notwendigkeit einer tiefgreifenden Reform der Verteidigungsmechanismen in der EU hervor. Dabei sollen die EU-Staaten die Hauptverantwortung für die Finanzierung übernehmen.

Ein zentrales Anliegen der Diskussion war die Flexibilität bei individuellen Schulden. Von der Leyen plante, den Stabilitätspakt so zu modifizieren, dass er die Verteidigungsausgaben der Mitgliedsstaaten unterstützt. Hierbei sollen auch private Banken und die Europäische Investitionsbank (EIB) eine größere Rolle bei der Finanzierung von Rüstungsprojekten spielen.

Geopolitische Herausforderungen

Der Gipfel reflektierte die aktuelle sicherheitspolitische Lage in Europa, die durch die geopolitischen Herausforderungen, einschließlich der Beziehungen zu den USA und dem Einfluss von Ländern wie Russland, geprägt ist. NATO-Chef Marc Rutte betonte, dass die Allianz in der Lage sei, mit den bestehenden Bedrohungen umzugehen. Zudem nahm Großbritannien als Gast an dem Treffen teil und kündigte an, 2,5% seiner Wirtschaftskraft in Verteidigungsmaßnahmen investieren zu wollen.

Der Draghi-Report identifiziert entscheidende Schwächen in der Verteidigungspolitik der EU, insbesondere die mangelnde Koordination zwischen den Mitgliedstaaten und die Abhängigkeit von den USA für militärische Ausrüstung. Bei nur 18% der von europäischen Ländern erworbenen Waffen, die aus intra-europäischen Kooperationen stammen, bleibt die Zielmarke von 35% weit verfehlt. Die Fragmentierung zeigt sich auch in der Industrie, wo nationale Unternehmen wie Dassault und Rheinmetall dominieren.

Stärkung der Europäischen Verteidigungspolitik

Um die strategische Autonomie der EU zu erhöhen, schlägt der Draghi-Bericht eine Konsolidierung der Verteidigungsindustrie sowie die Schaffung eines Europäischen Verteidigungsrats mit Mehrheitsabstimmung vor. Dies könnte eine schnellere Entscheidungsfindung in Verteidigungsfragen ermöglichen und den Mitgliedstaaten helfen, effizienter auf Bedrohungen zu reagieren. Die Entwicklung einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität (ESVI) wird als eine Möglichkeit angesehen, den europäischen Pfeiler innerhalb der NATO zu stärken.

Der Bericht fordert massive Investitionen zur Schließung technologischer Lücken, erkennt jedoch an, dass politische und wirtschaftliche Realitäten innerhalb der EU die Umsetzung erschweren könnten. Besonders Mitgliedstaaten wie Polen und Ungarn könnten gegen eine größere Souveränitätsabgabe im Rüstungssektor sein. Der European Defense Fund, der für den Zeitraum von 2021-2027 auf 8 Milliarden Euro angesetzt ist, wird allgemein als unzureichend wahrgenommen.

Durch diese strategischen Überlegungen versucht die EU, sich nicht nur als militärisch stärkere Einheit zu positionieren, sondern auch die transatlantische Abhängigkeit zu verringern, während gleichzeitig die eigenen Verteidigungsfähigkeiten und die Zusammenarbeit unter den Mitgliedstaaten gefördert werden. Auch die Integration der Petersberg-Aufgaben, die humanitäre und friedenserhaltende Einsätze umfassen, wird als essenzieller Bestandteil der zukünftigen Verteidigungspolitik gesehen.

Tagesschau berichtet über den Gipfel
Army Recognition analysiert den Draghi-Report
CRP Infotec zur Sicherheits- und Verteidigungsidentität der EU