Heute wird Belgien von einer massiven Streikwelle heimgesucht, die eine direkte Reaktion auf die erheblichen Sparmaßnahmen der neuen Regierung ist. Diese Maßnahmen umfassen unter anderem die Senkung der Sozialbeiträge, die Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre bis 2030 sowie eine umfassende Reform des Arbeitsrechts, die unter anderem die Regelungen zu wöchentlichen Ruhezeiten und Nachtarbeit betrifft. Zudem sollen die Löhne bis 2027 eingefroren werden, wie Unser Mitteleuropa berichtet. Die drei größten belgischen Gewerkschaften haben zu einem ganztägigen Streik aufgerufen, der am heutigen Tag für große Einschränkungen im öffentlichen Nahverkehr sorgt.
Die Situation ist besonders angespannt, da der Luftraum über Belgien aufgrund des Streiks der Fluglotsen gesperrt ist, was dazu führt, dass die belgischen Flughäfen am Donnerstag keine Flugzeuge abfertigen. In Brüssel sind lediglich zwei von vier U-Bahn-Linien in Betrieb und nur die Hälfte der Straßenbahn- und Buslinien verkehrt. In der Provinz Limburg funktioniert der öffentliche Verkehr mit 61%, in der Provinz Antwerpen mit 44%. Ein weiterer Streik ist für den 31. März geplant, sollte die Regierung die Sparmaßnahmen nicht zurücknehmen.
Zehntausende demonstrieren gegen Rentenreform
Rund 30.000 Demonstranten haben sich in Brüssel versammelt, um gegen die geplante Rentenreform zu protestieren. Die Demonstration ist von den Gewerkschaften organisiert worden und zieht Teilnehmer aus verschiedenen Berufsgruppen an, darunter Feuerwehrleute, Lehrer und Beamte. Der Hintergrund für diesen Protest ist die von der Regierungskoalition „Arizona“ aus fünf Parteien vorgelegte Reform, die Sonderregelungen für bestimmte Berufsgruppen wie Eisenbahner, Polizisten und Soldaten vorsieht. Diese Reform sieht eine schrittweise Anhebung des gesetzlichen Rentenalters vor, das 2025 auf 66 und bis 2030 auf 67 Jahre angehoben werden soll. Das sind signifikante Änderungen, da die Rentenbelastung für den belgischen Staatshaushalt bereits bei 63 Milliarden Euro pro Jahr liegt, wie Euronews informiert.
Die Regierung plant jährliche Einsparungen von 3 Milliarden Euro, was laut Marie-Hélène Ska, Generalsekretärin des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CSC), auch Einsparmöglichkeiten ohne Belastung der Arbeitnehmer mit einschließt. Thierry Bodson, Präsident der Gewerkschaft FGTB, äußert Bedenken über mögliche Verluste für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst und die noch nicht abschließend geklärten Auswirkungen der Reformen.
Kritik und Herausforderungen der Rentenreform
Bart De Wever von den flämischen Nationaldemokraten N-VA übt scharfe Kritik am bisherigen Rentensystem für Beamte und Lehrer und möchte diese stärker an die Renten von Angestellten und Selbstständigen angleichen. Zudem spricht er sich für strengere Regeln für Mindestrenten aus, was möglicherweise insbesondere Frauen benachteiligen könnte, da es zu längeren Arbeitszeiten bei gleichzeitig geringeren Renten führen könnte. Die von ihm eingebrachten Vorschläge gelten als drastisch, und Fachleute befürchten negative Folgen für die künftigen Rentenansprüche.VRT berichtet, dass unklar bleibt, welche dieser Vorschläge in einer möglichen Koalitionsvereinbarung tatsächlich umgesetzt werden könnten.
Die Verhandlungsführer der Regierungskoalition versprechen jedoch, die erworbenen Rentenansprüche zu respektieren und planen, die Reformen schrittweise mit Übergangsmaßnahmen durchzuführen. Die Auswirkungen dieser Reformen scheinen unterschiedlich zu sein, je nachdem, wie nah die Betroffenen ihrem Renteneintrittsalter sind: je weiter entfernt, desto deutlicher könnten die Auswirkungen sein.