Der traditionsreiche Gartenfachmarkt Guter-Gaupp in Biberach wird am 30. Juni 2025 nach 154 Jahren schließen. Inhaber Michel Chavillié hat diese Entscheidung nach anhaltenden Herausforderungen im Einzelhandel und einem sich verändernden gesellschaftlichen Klima getroffen. Der Fachmarkt, der für seine individuellen Produkte und den persönlichen Kundenkontakt bekannt war, hat in der Vergangenheit sowohl von einem Boom während der Corona-Pandemie als auch von den Herausforderungen der Nach-Corona-Zeit berichtet. Nachdem sich die Umsätze normalisiert hatten, wandten sich viele Kunden dem Online-Handel zu.
Chavillié, der das Unternehmen vor rund 15 Jahren übernahm, bemerkt einen starken Preisdruck und ein verändertes Kundenverhalten. Er beschreibt die aktuelle Gesellschaft als eine „Ellenbogengesellschaft“, in der treue Kunden zunehmend verloren gehen. Dies spiegelt sich auch in der allgemeinen Entwicklung des Einzelhandels wider, die laut einer IHK-Studie im Wandel ist. Der stationäre Handel bleibt zwar der meistgenutzte Vertriebskanal, doch der Anteil rein stationärer Händler ist von 49 % im Jahr 2020 auf 38 % gesunken.
Herausforderungen im Einzelhandel
Zusätzlich sieht sich Chavillié mit steigenden bürokratischen Hürden konfrontiert. Die IHK berichtet, dass 25 % der Einzelhändler sich stark durch bürokratische Vorgaben eingeschränkt fühlen. Zunehmende gesetzliche Vorschriften stellen besonders kleine Unternehmen vor Herausforderungen. Chavillié ist pessimistisch in Bezug auf eine zukünftige Verbesserung der Situation für den stationären Einzelhandel.
Bis zur Schließung wird Guter-Gaupp weiterhin geöffnet bleiben und die Warenvorräte aufstocken. Beliebte Aktionen, wie der Felco-Klingenschleiftag und die Saatkartoffelbestellung, werden ein letztes Mal angeboten. Die geplanten Umbaumaßnahmen, die im Juli beginnen, sollen den Standort in ein „Haus der Gesundheit“ mit einem Genießer-Café umwandeln. Das angeschlossene „Café am Wolfental“ bleibt erhalten, und ein neuer Mietvertrag für die Räumlichkeiten wurde bereits unterzeichnet.
Die Rolle der Digitalisierung und Nachhaltigkeit
Die Digitalisierung spielt eine zentrale Rolle für viele Einzelhändler. Eine Studie hat gezeigt, dass 79 % der Unternehmen in Baden-Württemberg über eine verantwortliche Person für digitale Belange verfügen, jedoch nur 29 % über eine umfassende Digitalisierungsstrategie. Dies zeigt, dass trotz der Chancen, die die Digitalisierung bietet, viele Betriebe Schwierigkeiten haben, diese Umstellung erfolgreich zu implementieren.
Die Vorteile der Digitalisierung sind vielfältig und reichen von Effizienzsteigerungen bis hin zu verbesserter Kundenerfahrung. Dennoch gibt es auch zahlreiche Herausforderungen, die überwunden werden müssen. Hohe Anfangsinvestitionen und Sicherheitsbedenken stehen häufig im Weg. Kunden zeigen sich oftmals weniger vertraut mit neuen Technologien, was eine zusätzliche Hürde für den stationären Einzelhandel darstellt.
In Anbetracht all dieser Herausforderungen ist die Unterstützung durch Institutionen wie die IHK Südlicher Oberrhein von großer Bedeutung. Diese setzt sich für die Digitalisierung und den Abbau bürokratischer Hemmnisse ein, um die Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Wirtschaft zu stärken.
Die Schließung von Guter-Gaupp ist nicht nur ein Verlust für Biberach, sondern auch ein Zeichen für den tiefgreifenden Wandel, den der Einzelhandel durchläuft. Mit der zunehmenden Bedeutung von E-Commerce und multikanalstrategischen Vertriebsansätzen stehen viele stationäre Händler vor der Herausforderung, sich neu zu orientieren und anzupassen.