Die wirtschaftliche Lage der Bauwirtschaft in Baden-Württemberg hat sich im vergangenen Jahr weiter verschlechtert. Dies berichten aktuelle Analysen, die die prekäre Situation im Sektor verdeutlichen. Vergangenes Jahr sanken die Umsätze im Bauhauptgewerbe von Januar bis November um 1,6 Prozent auf etwa 14,4 Milliarden Euro. Besonders der Wohnungsbau leidet unter dieser Entwicklung, mit einem Umsatzminus von fast 13 Prozent und einem Auftragseingang, der um 5,5 Prozent zurückging. Bauwirtschaftspräsident Markus Böll bezeichnet diese Entwicklungen als dramatisch. Eine Erholung der Branche wird für 2025 nicht erwartet, und Kurzarbeit in der Bauwirtschaft stieg um 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Die steigende Zahl der Insolvenzen und die Zunahme von Arbeitslosigkeit, wenngleich in geringerem Maße, verstärken den negativen Trend. Laut der Vizepräsidentin der Bauwirtschaft, Sabine Schmucker, ist der Investitionsstau in der Verkehrsinfrastruktur ein weiteres gravierendes Problem. Jährlich müssten in Baden-Württemberg etwa 100 Brücken saniert werden, jedoch wurden im vergangenen Jahr weniger als zehn realisiert. Besonders in Freiburg, wo der Sanierungsbedarf am höchsten ist, droht in den nächsten Jahren die Sperrung von 1.700 Brücken, wenn das Sanierungstempo nicht entscheidend erhöht wird.
Angespannte Situation im Wohnungsbau
Die Lage im Wohnungsbau ist nicht nur in Baden-Württemberg angespannt, sondern prägt auch die gesamte deutsche Bauwirtschaft. Bestehende Unternehmen sehen sich zunehmend Insolvenzen gegenüber, da zahlreiche Immobilienentwickler unter finanziellen Engpässen leiden. Seit 2021 stiegen die Baukosten um etwa 30 Prozent, mit einem Anstieg von 3 Prozent im Jahr 2024 im Vergleich zu 2023. Bauexperten äußern Bedenken hinsichtlich der zukünftigen Entwicklungen, erwarten jedoch Anzeichen einer Entspannung ab 2025. In den letzten Jahren wurden die Wohnungsbauziele der Bundesregierung nicht erreicht: So wurden 2022 und 2023 jeweils nur etwa 295.000 Wohnungen fertiggestellt – weit unter dem Ziel von 400.000 Einheiten.
Die Prognose für 2024 zeigt, dass das Bauvolumen stagnieren und die Bruttowertschöpfung in der Branche um 3,0 Prozent zurückgehen wird. Auch der Umsatz im Bauhauptgewerbe wird im zweiten Quartal 2024 um 4,2 Prozent sinken. Die Herausforderungen sind vielfältig, darunter eine unsichere Wirtschaftslage, Lieferengpässe und steigende Energiekosten, die Verzögerungen bei Bauprojekten zur Folge haben.
Der Rückgang der Neubaugenehmigungen
Die Zahl der Neubaugenehmigungen ist von Januar bis November 2024 drastisch eingebrochen. So wurden im Zeitraum fast 6.100 genehmigte Wohnhäuser und über 2.450 Nichtwohngebäude verzeichnet. Dies entspricht einem Rückgang von über 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, als in Baden-Württemberg noch über 20.000 Gebäude genehmigt wurden. Diese sinkenden Zahlen stehen im Einklang mit den Eindrücken von Experten, die der Meinung sind, dass der Fachkräftemangel in der Baubranche eine erhebliche Ursache für die Probleme darstellt. Demografische Veränderungen, mangelndes Interesse an Bauberufen und schlechte Arbeitsbedingungen sind nur einige der Gründe für diese Entwicklung.
Für die Zukunft der Bauwirtschaft zeichnen sich jedoch auch Chancen ab. Die Technologisierung und der Fokus auf Nachhaltigkeit sowie die Integration grüner Technologien könnten wesentliche Handlungsmöglichkeiten für die Branche darstellen. Prognosen bis zum Jahr 2030 beinhalten die Notwendigkeit von Innovationen und technologischem Fortschritt, um den zunehmenden Anforderungen an den Wohnraum gerecht zu werden und die Herausforderungen in der Bauwirtschaft zu bewältigen.
Insgesamt bleibt die Lage in der Bauwirtschaft sowohl in Baden-Württemberg als auch auf nationaler Ebene angespannt. Die kommenden Jahre könnten entscheidend für die Erholung des Sektors sein und erfordern weitreichende Maßnahmen und Investitionen, um den Herausforderungen wie dem Investitionsstau und dem Fachkräftemangel zu begegnen.