Tanja Stroh, eine Fachärztin für Allgemeinmedizin mit Zusatzbezeichnung Palliativmedizin, verlässt Mitte März nach über 20 Jahren ihre Praxis in Bad Waldsee. Ihre Entscheidung ist von persönlichen Motiven geprägt, da sie ursprünglich die Praxis von Ralph-Michael Reuther übernehmen wollte, der seine Praxis ebenfalls im April aufgibt. Die Situation ist kritisch, da in Bad Waldsee hunderte von Patienten betroffen sind und die angespannte Lage in der Allgemeinmedizin sich somit weiter verschärfen könnte. Laut Informationen von Kassenärztlicher Vereinigung Baden-Württemberg gibt es allerdings derzeit 3,5 freie Sitze für Allgemeinmediziner in Bad Waldsee.
Die Verhandlungen zwischen Stroh und Reuther scheiterten an Differenzen über eine finanzielle Ablöse. Stroh hatte verschiedene Optionen zur Nachfolge geprüft, darunter eine Praxis in Bergatreute, die aufgrund unauffindbarer Räumlichkeiten nicht realisiert werden konnte. Weiterhin waren die Räume eines früheren Arztpaares in Bad Waldsee in solch schlechtem Zustand, dass sie als Lagerraum vermietet waren. Auch eine Praxis der Gynäkologin Paola Grossi war nicht als geeignete Nachfolgeoption möglich, da sie nicht barrierefrei war und über kein Labor verfügte.
Unterstützung und Perspektiven für die Zukunft
In ihrem Bestreben, eine Lösung zu finden, bot Stroh an, sich an einen Klinikverbund anstellen zu lassen, erhielt aber eine Absage. Ein Vorschlag, eine frühere Station des ehemaligen Krankenhauses in Bad Waldsee in Praxisräume umzubauen, war aufgrund der hohen Kosten nicht tragfähig. Bürgermeisterin Simone Rürup von Baindt hat Stroh kontaktiert und Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Praxisräumen angeboten; jedoch lehnte die Stadt Bad Waldsee einen Antrag auf finanzielle Unterstützung ab. Diese Entscheidung begründete die Stadt damit, dass eine direkte Förderung von einzelnen Praxen rechtlich nicht möglich sei.
Stroh wünscht sich mehr Unterstützung von der Stadt, insbesondere in Form von Mietpreisdeckelungen oder Umbauangeboten. Nachdem sie sich aufgrund gesundheitlicher Probleme und der angespannten Situation in Bad Waldsee entschieden hat, als angestellte Ärztin nach Berlin zu gehen, könnte sich die medizinische Versorgung der Region weiter verschlechtern.
Herausforderungen bei der Praxisnachfolge
In offenen Planungsgebieten können Praxen ohne Ausschreibung übergeben werden, während dafür in gesperrten Gebieten ein Nachbesetzungsverfahren erforderlich ist. Dieses System umfasst mehrere Schritte, darunter den Antrag auf Nachbesetzung, die Ausschreibung der Praxis und die Überprüfung von Bewerbungen. Dabei obliegt die Entscheidungsgewalt dem Zulassungsausschuss, der die Notwendigkeit der Praxisfortführung prüft.
Zusätzlich empfiehlt es sich, eine betriebswirtschaftliche Analyse durchzuführen, um den Praxiswert zu ermitteln und als Grundlage für die Nachfolgeplanung zu nutzen. Die Informationen zur Praxisübertragung sind in einem Leitfaden detailliert zusammengefasst, den Interessierte unter wir-fuer-mediziner.de finden können.