Am 13. März 2025 wurden im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Ergebnisse eines aufschlussreichen Forschungsprojekts zur Geschichte der Ressortforschungseinrichtungen in Deutschland präsentiert. Das Projekt wurde im Jahr 2017 unter der Leitung von Professor Dr. Carsten Reinhardt von der Universität Bielefeld und Professor Dr. Dr. Helmut Maier von der Ruhr-Universität Bochum initiiert und ab 2020 teilweise durch das BMWK finanziert. Die Studie beleuchtet vor allem die Rolle dieser Einrichtungen zur Zeit des Nationalsozialismus und die strukturellen Entwicklungen in der Nachkriegszeit, die entscheidend für das Verständnis der politischen Kontinuitäten in Deutschland sind. [Uni Bielefeld berichtet]
Ein zentrales Ergebnis der Forschung zeigt die enge Verbindung zwischen den Ressortforschungseinrichtungen und der Rüstungspolitik des Dritten Reiches. Die Forschungsarbeiten decken nicht nur die unzureichende Aufarbeitung der NS-Vergangenheit nach 1945 auf, sondern verdeutlichen auch, wie Wissenschaftler in diesen Institutionen zur Aufrüstung des NS-Regimes beitrugen. Dies wirft die wichtige Frage auf, welche Verantwortung Wissenschaftler und Behörden für diese Verstrickungen trugen und wie sie mit ihrer Vergangenheit umgingen.
Neue wissenschaftliche Publikationen
Anlässlich der Präsentation wurden acht neue wissenschaftliche Publikationen vorgestellt, die im Rahmen des Projekts entstanden sind und von Bielefeld University Press (BiUP) veröffentlicht wurden. Diese Veröffentlichungen setzen sich intensiv mit der Rolle von Wissenschaftlerinnen und Forschungsinstitutionen im NS-Staat auseinander und analysieren deren Transformation in der Bundesrepublik Deutschland. Die Geschäftsführerin der Bielefeld University Press, Sabrina Diab-Helmer, betonte die Bedeutung dieser Bücher für die historische Aufarbeitung, insbesondere hinsichtlich des Einflusses wissenschaftlicher Institutionen auf politische Prozesse.
Professor Dr. Reinhold Decker, Rektoratsbeauftragter der Universität Bielefeld, bezeichnete die Gründung eines eigenständigen Universitätsverlags als Meilenstein. Ziel ist es, die Forschung aktiv in die gesellschaftliche Diskussion einzubringen. Bielefeld University Press agiert seit Jahresbeginn als unabhängiger Verlag mit Fokus auf wissenschaftliche Qualität, Open Access und innovative Publikationsformate, die den Austausch über Fachgrenzen hinweg fördern sollen. Insbesondere soll der Verlag zu gesellschaftlich relevanten Themen wie Künstlicher Intelligenz und Umweltforschung beitragen, was die Relevanz der wissenschaftlichen Forschung in der heutigen Zeit unterstreicht.
Ressortforschung und ihre NS-Vergangenheit
Zusätzlich zu den neuen Ergebnissen ist die Untersuchung der NS-Vergangenheit von Ressortforschungseinrichtungen von erheblichem Interesse. Wie die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) zeigen, wird die Rolle von Wissenschaftlern während der NS-Zeit und in der Nachkriegszeit hinterfragt. Die Frage, warum zahlreiche Wissenschaftler in Behörden während des Nationalsozialismus zur Aufrüstung des Regimes beitrugen, steht im Mittelpunkt dieserOberflächenuntersuchungen. Sie beleuchten die komplexen moralischen und ethischen Fragestellungen, die sich aus dieser Zeit ergeben haben, und werden auf mehreren internationalen Tagungen sowie in zahlreichen Publikationen präsentiert.
Der historische Kontext ist hierbei entscheidend. Bereits im April 1933 führte das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ zur Entlassung von regimekritischen Beamten und dem Ausschluss jüdischer Hochschullehrer. Die Folge war ein erheblicher Verlust für die deutsche Wissenschaft, da international angesehene Forscher wie Albert Einstein und Max Born emigrieren mussten, während andere Wissenschaftler, die im Land blieben, oft die politischen Ideologien des NS-Regimes unterstützten. Mehr als zwei Drittel aller Hochschullehrer waren bis 1945 Mitglieder der NSDAP, was die Dominanz der nationalsozialistischen Ideologie in der Bildung und Forschung unterstreicht. [DHM berichtet]
Die vorliegende Forschung ist somit ein wichtiger Schritt zur Wahrnehmung und Aufarbeitung der Verstrickungen von Wissenschaft und Politik im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit. Sie fordert dazu auf, die Verantwortung der Wissenschaftler und Institutionen in diesen historischen Kontexten kritisch zu reflektieren und stellt gleichzeitig neue Anforderungen an eine verantwortungsbewusste Wissenschaftspolitik in der Gegenwart.