Nach dem tödlichen Messerangriff auf eine Kindergartengruppe in Aschaffenburg ist die Debatte über die Migrationspolitik in Deutschland neu entfacht worden. Der Tatverdächtige, ein afghanischer Staatsbürger, hätte aufgrund des Dublin-Verfahrens im Jahr 2023 nach Bulgarien überstellt werden sollen, was jedoch an einer abgelaufenen Frist scheiterte. Aschaffenburgs Oberbürgermeister Jürgen Herzing (64, SPD) hat in diesem Zusammenhang die Verantwortung des Systems scharf kritisiert und eine zentrale Handhabung der Ausländerbehörden gefordert. Dieser Appell enthält auch die Anerkennung des Personalmangels in den Behörden, der zu erheblichen Verzögerungen führt. Herzing spricht sich für eine funktionierende Überwachung aus, um solche Vorfälle zu verhindern.

Er kritisierte zudem Friedrich Merz (69, CDU), den Kanzlerkandidaten der Union, für seine Anträge zur Migrationspolitik, die nur mit Stimmen der AfD eine Chance auf Zustimmung hätten. Herzing fordert alle demokratischen Parteien dazu auf, zum Wohle der Kommunalpolitik Kompromisse einzugehen. Merz hingegen plant, vier Wochen vor der Wahl zwei Anträge im Bundestag einzubringen, die eine Verschärfung der Migrations- und Sicherheitspolitik zum Ziel haben. Er wird jedoch vorgeworfen, asylkritische Positionen der AfD zu übernehmen, während die Union sich von dieser distanzieren möchte.

Politische Reaktionen und Forderungen

Der CDU-Kanzlerkandidat fordert SPD und Grüne auf, seine Vorschläge zu unterstützen, schließt jedoch eine Koalition mit der AfD aus. Zu den Inhalten seines Fünf-Punkte-Plans für sichere Grenzen zählen dauerhafte Grenzkontrollen, ein Einreiseverbot für Personen ohne gültige Dokumente und regelmäßige Abschiebungen. Diese Vorschläge werden von Experten jedoch als potenziell rechtlich problematisch eingestuft, und auch Bundeskanzler Olaf Scholz hat angekündigt, eine Regierungserklärung zu den Konsequenzen des Messerangriffs abzugeben, wobei er Merz‘ Reaktion als unzureichend kritisiert.

Die Bundesregierung hat bereits Maßnahmen ergriffen, um irreguläre Migration zu verringern. Dazu zählen unter anderem die Ausstellung vorübergehender Binnengrenzkontrollen und die Erhöhung von Strafen für Schleuser. In den vergangenen Monaten wurden zudem spezielle Programme für freiwillige Rückkehr und Reintegration initiiert. Der rechtliche Rahmen für Ausweisungen und Abschiebungen wurde ebenfalls verschärft.

Der Kontext der Migrationspolitik

Auf europäischer Ebene setzt sich die Bundesregierung für den Schutz der EU-Außengrenzen ein und hat im Februar 2023 einen Sonderbevollmächtigten für Migrationsabkommen eingesetzt. Ziel ist es, die irreguläre Migration einzudämmen und legale Migration unter Berücksichtigung menschenrechtlicher Standards zu fördern. Georgien und die Republik Moldau wurden als sichere Herkunftsstaaten anerkannt, was dazu beiträgt, Asylverfahren zu beschleunigen.

Die von Merz geforderten Maßnahmen zur inneren Sicherheit, die unter anderem eine Stärkung der Sicherheitsbehörden und eine Verschärfung der Strafen für Körperverletzungen umfassen, werden in den politischen Debatten ebenfalls kontrovers diskutiert. Die Zustimmung im Bundestag für diese Anträge scheint jedoch unwahrscheinlich zu sein, da die FDP und andere Parteien kritische Stimmen laut geben.

In der aktuellen Lage wird deutlich, dass die Migrationspolitik in Deutschland ein zentrales und sensibles Thema bleibt, das nicht nur parteipolitische, sondern auch gesellschaftliche Implikationen hat. Die Ereignisse in Aschaffenburg haben eine Debatte angestoßen, die weitreichende Konsequenzen für das politische Klima in Deutschland haben könnte.