Ein 50-jähriger Arzt steht derzeit wegen des Verdachts des Mordes vor dem Landgericht Regensburg. Ihm wird vorgeworfen, einen 79-jährigen Patienten in einer Klinik in Kelheim durch eine Überdosis Morphin getötet zu haben. Der tödliche Vorfall ereignete sich in der Nacht zum 9. Juli 2022. Die Staatsanwaltschaft sieht die Mordmerkmale der niederen Beweggründe und der Heimtücke als erfüllt an und erhebt daher schwere Vorwürfe gegen den Mediziner.

Zu Beginn des Prozesses wies der Angeklagte die Vorwürfe entschieden zurück. In seinen umfangreichen Antworten auf die Fragen der Richter und Verfahrensbeteiligten betonte er, dass er keine Straftat begangen habe. Einer der Verteidiger forderte die Gerichte dazu auf, die Ermittlungen als unzureichend zu betrachten und warnte vor einer potenziellen Vorverurteilung des Arztes. Neben dem Mordvorwurf steht der Mediziner auch wegen des Todes einer Krankenschwester während einer Nachtschicht unter Anklage. Im Verlauf des Verfahrens soll ein weiterer Prozesstermin am 10. März stattfinden.

Rechtliche Aspekte der Morphingabe

Morphin wird in der Medizin in der Regel zur Schmerztherapie eingesetzt und nicht zur Sterbebegleitung. Der Einsatz von Morphin ohne medizinische Indikation kann in einem rechtlichen Rahmen als Tötung betrachtet werden. Ein Schwurgericht in Hannover hat in einem ähnlichen Prozess gegen eine Internistin klargestellt, dass es nicht um Palliativmedizin oder indirekte Sterbehilfe gehe. Das Gericht stellte fest, dass die aktive Tötung durch nichtindizierte Morphingabe von Patienten, die keinen starken Schmerzen ausgesetzt waren und sich nicht im Sterbeprozess befanden, rechtlich problematisch sei.

Ärzte sind nicht rechtlich gefährdet, solange sie Morphin bei entsprechender Indikation einsetzen und die Patienten überwachen. Eine ärztlich gebotene Medikation zur Schmerzbehandlung, die möglicherweise den Tod beschleunigen kann, gilt grundsätzlich als zulässig, wenn sie den medizinischen Richtlinien entspricht. Der Bundesgerichtshof hatte zudem betont, dass lebensverkürzende Medikamente außerhalb von therapiebegrenzenden Maßnahmen nicht verabreicht werden dürfen.

Palliativmedizin und Morphin

In Deutschland gibt es Defizite in der Anwendung von Morphin und palliativer Sedierung, wie Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer, festgestellt hat. Laut einer Studie von „The Economist“ belegt Deutschland im europaweiten Vergleich nur den 18. Platz bei der Verfügbarkeit palliativmedizinischer Leistungen. Es wird zunehmend diskutiert, wie Ärzte auf die Bedürfnisse extrem leidender Patienten eingehen können, wobei palliative Sedierung mittlerweile als eine ernstzunehmende Alternative zum ärztlich begleiteten Suizid angesehen wird.

Ein wirksamer Einsatz von Morphin setzt eine sorgfältige Anamnese und Untersuchung zur Indikationsstellung voraus. Besonders bei schmerzfreien Patienten kann die Gabe von Morphin gefährlich sein und Atemdepressionen verursachen. Die klare Abgrenzung zwischen Schmerztherapie, Palliativmedizin und Sterbehilfe ist entscheidend für die ethische und rechtliche Beurteilung ärztlichen Handelns. Zwar sollten Ärzte befähigt sein, diese Differenzierungen vorzunehmen, eine flächendeckende Schulung in diesem sensiblen Bereich ist jedoch notwendig.

Vor dem Hintergrund des aktuellen Prozesses wird deutlich, wie wichtig es ist, die rechtlichen Rahmenbedingungen der Morphingabe zu klären und den ethischen Umgang mit Schmerzen im Gesundheitswesen zu überdenken.