In Nordrhein-Westfalen (NRW) ist die Armutsgefährdung alarmierend hoch: Über 18% der Bevölkerung sind betroffen, was etwa 3,3 Millionen Menschen entspricht. Besonders in Gelsenkirchen und anderen Städten des Ruhrgebiets sind die Armutszahlen besorgniserregend. Die Kinderarmut in NRW liegt bei einem erschreckenden Wert von 24,6%, was die höchste Rate in Deutschland darstellt. Darüber hinaus leben 310.000 ältere Menschen in NRW ohne Grundsicherung im Alter, was einem Anstieg von 10% im Vergleich zu vor fünf Jahren entspricht. Die Armutsgefährdung wird definiert als ein Einkommen von weniger als 60% des mittleren bedarfsgewichteten Haushaltseinkommens.
Die Armutsgefährdungsschwelle für einen Einpersonenhaushalt in NRW liegt im Jahr 2023 bei 1.233 Euro pro Monat. Hauptursachen für diese prekäre Situation sind Erwerbsarmut im Niedriglohnsektor, Familienarmut – insbesondere unter Alleinerziehenden, die eine alarmierende Armutsquote von 45,7% aufweisen – sowie Altersarmut. Im Ruhrgebiet liegt die Arbeitslosenquote bei 7,5%, während der bundesweite Durchschnitt nur 6,0% beträgt. Viele Kommunen in NRW sind stark überschuldet, was eine ausreichende Bereitstellung sozialer Leistungen erheblich erschwert.
Folgen der Armut
Armut hat weitreichende negative Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereiche. Menschen, die armutsgefährdet sind, leiden häufig unter gesundheitlichen Benachteiligungen, haben eingeschränkten Zugang zu kulturellen Angeboten und Bildung sowie Schwierigkeiten, eine angemessene Wohnung zu finden. Diese Faktoren können Gefühle der Einsamkeit und chronische Erkrankungen verstärken. Kritiken an der Landespolitik werden laut, insbesondere hinsichtlich der mangelhaften Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut. Der aktuelle Arbeitsminister Karl-Josef Laumann hat das Thema Armut zwar aufgegriffen, verfolgt jedoch eher kurzfristige Lösungen.
Der Sozialverband VdK hat Einsparungen im sozialen Bereich von 40 Millionen Euro im Haushalt 2025 kritisiert und fordert umfassendere Maßnahmen. Das Sozialministerium betont die Notwendigkeit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung alsbestes Mittel gegen Armut. In NRW lebt eine hohe Zahl von Menschen mit Einwanderungsgeschichte, was die Armutsgefährdung zusätzlich erhöht, da etwa 5,5 Millionen Menschen 2022 in dieser Kategorie verzeichnet wurden. Um die soziale Infrastruktur zu unterstützen, hat NRW 150 Millionen Euro bereitgestellt.
Forderungen und Lösungsvorschläge
Der VdK hat klare Forderungen formuliert, darunter die Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro, eine verbesserte Absicherung für Frauen sowie eine Anhebung des Rentenniveaus auf 53%. Der Politikwissenschaftler Butterwegge hebt die Notwendigkeit hervor, die Kommunen zu entschulden, den öffentlichen Wohnungsbau zu stärken und eine Schulstrukturreform durchzuführen. Diese Forderungen zielen darauf ab, die Lebensbedingungen für viele Menschen in NRW entscheidend zu verbessern.
Die Messung der Armutsgefährdung in der europäischen Sozialberichterstattung folgt einer relativen Definition, die darauf abzielt, eine minimal akzeptable Lebensweise zu gewährleisten. Im Einklang mit der EU-SILC gilt eine Person als armutsgefährdet, wenn ihr Nettoäquivalenzeinkommen weniger als 60% des nationalen Medianeinkommens beträgt. Der Medianwert für das Nettoäquivalenzeinkommen in Deutschland betrug 2023 26.274 Euro, was bedeutet, dass eine Armutsgefährdung ab einem Einkommen von 15.765 Euro pro Jahr festzustellen ist.
In Deutschland lagen im Jahr 2023 14,4% der Bevölkerung unter diesem Schwellenwert, wobei junge Erwachsene (18 bis 24 Jahre) die höchste Armutsgefährdung mit 24,6% aufwiesen. Unter diesen Umständen wird die Herausforderung, strukturelle Lösungen zu finden, um die Armut umfassend zu bekämpfen, immer drängender.
Für detaillierte Informationen über die sozialwirtschaftlichen Herausforderungen in NRW können Interessierte die Kurzanalyse von Sozialberichte NRW sowie den Sozialbericht 2024 der Bundeszentrale fürPolitik konsultieren.