Jörg Böhme, der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung in Sachsen-Anhalt, äußerte sich kritisch zur geplanten Entbudgetierung im Gesundheitswesen. Er appelliert an die AOK, ihre Vorschläge zu überdenken, da diese als ungeeignet charakterisiert werden. Diese Forderung kommt im Kontext der Entscheidung der Bundesregierung, die Entbudgetierung der Haus-, Kinder- und Jugendärzte zum Januar 2025 zu beschließen, kurz vor der Bundestagswahl, was Böhme als Zeichen mangelnder Wertschätzung für die Praxen interpretiert. Seinen Worten zufolge ist die AOK nicht bereit, die Verantwortung für eine angemessene Vergütung von Ärzten zu übernehmen und handelt unverantwortlich im Hinblick auf die Patientenversorgung.

Die AOK hat die Gemeinschaft eindringlich aufgefordert, an die neue Bundesregierung zu appellieren, das Sofortprogramm „Stabile Finanzen für Gesundheit und Pflege – jetzt!“ zügig umzusetzen. Ziel ist es, die finanzielle Stabilität im Gesundheits- und Pflegebereich langfristig zu sichern.

Gesetz zur Entbudgetierung und neue Vergütungsmodelle

Im Rahmen des neuen Gesetzes, das von den Regierungsparteien SPD, Grünen und FDP beschlossen wurde, sind alle Leistungen von Hausärzten künftig vollständig und ohne Kürzungen vergütet. Dabei wird für chronisch Kranke eine Jahrespauschale eingeführt, die die häufigen Quartalsbesuche überflüssig machen soll. Diese Neuerung soll Hausärzten ermöglichen, mehr Zeit für neue Patienten zu finden und ihre Rolle als Lotse im Gesundheitssystem besser wahrzunehmen.

Heike Baehrens von der SPD betont die Schlüsselrolle der Hausärzte und die dringende Notwendigkeit einer angemessenen Entlohnung. Auch Saskia Weishaupt von den Grünen sieht in diesen Veränderungen eine Chance, den Beruf des Hausarztes attraktiver zu gestalten. Kritisch äußert sich Christine Aschenberg-Dugnus von der FDP, die das bisherige Budgetierungssystem als Zumutung für Ärzte und Patienten empfindet.

Auswirkungen auf die Versorgungsqualität

Hausärztin Susanne Fischer aus Pfinztal beschreibt ihre frustrierende Situation mit unzureichender Vergütung trotz Mehrarbeit. Die geplante Entbudgetierung soll sicherstellen, dass diese Mehrarbeit auch dann vergütet wird, wenn das Budget der Praxis bereits aufgebraucht ist. Aktuell führt eine Honorar-Obergrenze dazu, dass die Bezahlung für zusätzliche Behandlungen abgewertet wird.

Stephan Pilsinger von der CSU erkennt die Notwendigkeit der Entbudgetierung an, fordert jedoch auch eine ähnliche Regelung für Fachärzte. Diese Forderungen finden Unterstützung bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, die ebenfalls zur Entbudgetierung aufruft. Gesundheitsökonom Stefan Greß äußert jedoch Skepsis über die kurzfristigen positiven Auswirkungen auf die ländliche Versorgung und bezweifelt, dass finanzielle Anreize für die Niederlassung von Ärzten in ländlichen Gebieten ausreichend sind.

Gleichzeitig warnt GKV-Sprecher Florian Lanz vor den möglichen Mehrkosten von 400 Millionen Euro pro Jahr für Patienten, die aus der Entbudgetierung resultieren könnten, ohne dass eine konkrete Gegenleistung erbracht wird. Diese finanziellen Herausforderungen betreffen die 75 Millionen gesetzlich Versicherten in Deutschland.

Angesichts dieser komplexen Situation bleibt abzuwarten, wie sich die Entbudgetierung konkret auf die medizinische Versorgung auswirken wird. Sowohl die Ärzte als auch die Patienten hoffen auf Verbesserungen, während die AOK und andere Institutionen die Notwendigkeit einer umfassenden Reform der Finanzierungssysteme nachdrücklich unterstreichen.

Für weitere Informationen kann auf die Artikel von MDR, AOK und Tagesschau verwiesen werden.