Am 27. Januar gedenkt die Welt der Befreiung von Auschwitz und erinnert an die Ermordung von über sechs Millionen Jüdinnen und Juden während des Holocausts. In Deutschland hat sich jedoch ein besorgniserregendes Phänomen etabliert: Antisemitische Narrative breiten sich zunehmend aus, und die Alternative für Deutschland (AfD) wird als Brandbeschleuniger dieser Entwicklung betrachtet. So lobte die Co-Bundesvorsitzende der AfD, Alice Weidel, bei einer Veranstaltung in Riesa Elon Musk und stellte die Partei als Verfechterin der „Meinungsfreiheit“ dar. Diese Aussagen stehen im Kontrast zu den jüngsten Bestrebungen innerhalb der AfD, von der Bestrafung von Volksverhetzung und insbesondere der Holocaustleugnung abzurücken. Björn Höcke, der AfD-Landeschef in Thüringen, hat dies in das Wahlprogramm aufnehmen wollen.
Die Normalisierung antisemitischer Äußerungen ist besonders alarmierend. Vor dem Hamas-Angriff am 7. Oktober 2023 wurden Vergleiche zwischen dem Gazastreifen und dem Warschauer Ghetto gezogen, was auf ein Verständnis von Antisemitismus hinweist, das in den letzten Jahren in bestimmten Kreisen gewachsen ist. Dies wird nicht zuletzt durch Äußerungen von Politikern wie Wolfgang Gedeon, einem Abgeordneten der AfD in Baden-Württemberg, unterstützt. Gedeon, der als Holocaustleugner bezeichnet werden darf, hatte in seinen eigenen Büchern den Völkermord an den Juden infrage gestellt, was zu einem Rechtstreit mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, führte.
Der juristische Rahmen und gesellschaftliche Reaktionen
Die deutschen Gerichte haben in vergangenen Entscheidungen sich klar gegen die Verharmlosung des Holocausts ausgesprochen. So urteilte das Landgericht Berlin, dass Gedeon mit seinen Äußerungen über den Holocaust einen speziellen Status als Holocaustleugner einnimmt. Diese Bezeichnung fiel unter den Schutz der freien Meinungsäußerung, jedoch wird die Kategorisierung von Äußerungen zu den Verbrechen des Nationalsozialismus als problematisch angesehen. Angesichts von Überlebenden und ihrer Nachkommen wird die Leugnung oder Relativierung des Holocausts als Gewalt erfahren.
Die Forschung zum Thema Antisemitismus in Deutschland zeigt zudem, dass antisemitische Straftaten im Jahr 2006 mit 1.809 Fällen den Höchstwert erreichten. Trotz eines Rückgangs in der Zustimmung zu traditionellen antisemitischen Vorurteilen, etwa von 17-22% in 2002 auf 7-9% in 2016, bleibt sekundärer Antisemitismus stark ausgeprägt. Umfragen legen nahe, dass bis zu 55% der Befragten 2003 der Meinung waren, Juden könnten aus ihrer Geschichte Vorteile ziehen.
Die Rolle der AfD und kulturelle Normalisierung
Die AfD hat in diesem Kontext eine entscheidende Rolle gespielt und somit zur Normalisierung von antisemitischen Narrativen und geschichtsrevisionistischen Aussagen beigetragen. Im deutschen Schulsystem sind Witze über den Holocaust verbreitet und werden von vielen als normalisiert wahrgenommen. Die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main, dass bestimmte antisemitische Witze nicht strafbar sind, wurde von einigen gesellschaftlichen Gruppen scharf kritisiert.
Weitere Vorfälle dokumentiert die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus, welche 21 Vorfälle an jüdischen Gedenkorten in Berlin für das Jahr 2024 verzeichnete. Dieses anhaltende Phänomen ist nicht nur ein rechtliches, sondern auch ein kulturelles und gesellschaftliches Problem, das die Debatten über Antisemitismus in Deutschland neu entfacht.
In einer Zeit, in der antisemitische Äußerungen nicht mehr offen artikuliert, sondern über Umwege geäußert werden, ist es entscheidend, wachsam zu bleiben und das gesellschaftliche Klima zu analysieren. Die entsprechenden Debatten und Forschungen zum Antisemitismus benötigen eine verstärkte Beachtung, um die schleichende Verbreitung dieser gefährlichen Ideologien zu stoppen.