Seit Ende August 2024 verzeichnen Tierärzte in Deutschland und anderen europäischen Ländern eine alarmierende Zunahme von Hunden, die unter schweren neurologischen Symptomen leiden. Diese Symptome äußern sich in Form von plötzlichen Panikattacken, unkontrollierten Bewegungen, Jaulen und, seltener, epileptischen Anfällen. Dr. Nina Meyerhoff von der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo) untersucht diese besorgniserregenden Auffälligkeiten zusammen mit internationalen Kollegen und hat bereits über 50 bestätigte Fälle dokumentiert. Es wird jedoch von einer hohen Dunkelziffer nicht gemeldeter Erkrankungen ausgegangen, die dramatische Verhaltensänderungen bei den betroffenen Hunden auslösen können. Diese entwickeln oft ein nervöses Verhalten und zeigen eine erhöhte Geräuschempfindlichkeit (TiHo Hannover, Spektrum).
Die Fachwelt hat begonnen, diesen Zustand als „Werwolfsyndrom“ zu bezeichnen und macht auf den Verdacht aufmerksam, dass die Symptome möglicherweise durch vergiftete Kauknochen, insbesondere Rinderhautknochen, ausgelöst werden könnten. Ein direkter Nachweis einer Ursache-Wirkungs-Beziehung steht jedoch noch aus, obwohl viele Betroffene zum Zeitpunkt der Erkrankung tatsächlich solche Kauknochen gefüttert hatten (Pirsch).
Umfang der Forschung und Erhebung
Um die Situation besser einschätzen zu können, hat das Forschungsteam einen Fragebogen entwickelt, der sich an Halter betroffener und nicht betroffener Hunde richtet. Diese Erhebung wird in Zusammenarbeit zwischen der TiHo und der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) durchgeführt. Die Teilnahme ist freiwillig und erfolgt anonym. Es wird darauf hingewiesen, dass die vollständige Bearbeitung des Fragebogens bis zu 20 Minuten in Anspruch nehmen kann. Ziel der Erhebung ist es, mögliche Auslöser oder Risikofaktoren zu identifizieren, indem die Daten betroffener und nicht betroffener Hunde miteinander verglichen werden (TiHo Hannover).
Die Symptome des „Werwolfsyndroms“ können über mehrere Tage bis Wochen andauern, und viele Hunde zeigen nach geeigneter Behandlung eine Besserung. Tierärzte raten Hundebesitzern, bei ersten Anzeichen neurologischer Auffälligkeiten unverzüglich einen Neurologie-Spezialisten aufzusuchen. Eine Übersicht über deutschsprachige Neurologie-Spezialisten ist unter www.tier-neurologen.com oder über die Plattform der European Board of Veterinary Specialisation (EBVS) verfügbar (Spektrum).
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Dr. Meyerhoff und ihr Team betonen die Wichtigkeit einer gründlichen tierärztlichen Untersuchung, um mögliche Ursachen wie Schwermetalle oder Mykotoxine auszuschließen. Während die Tiere unter akuten Zuständen leiden, können sie extrem schwer zu bändigen sein, was nicht nur für die Tiere, sondern auch für ihre Umgebung potenziell gefährlich ist. Die Behandlung umfasst in der Regel beruhigende Medikamente sowie gegebenenfalls Epilepsiemedikamente. Die Integration einer ruhigen Umgebung ist für die Genesung der betroffenen Hunde entscheidend (Pirsch, Spektrum).