Der havarierte Tanker „Eventin“ soll am Abend die Ostsee verlassen. Das 274 Meter lange Schiff gehört zur russischen Schattenflotte, die darauf spezialisiert ist, Öl-Export-Sanktionen zu umgehen. Rund 100.000 Tonnen Öl befinden sich an Bord, während die 24 Besatzungsmitglieder aktuell versorgt werden, da aufgrund des Havariefalls wichtige Funktionen auf dem Schiff ausgefallen sind. Dies sind besonders besorgniserregende Entwicklungen, da die EU-Sanktionen seit Beginn des Ukraine-Kriegs verstärkt eingesetzt werden, um Russland finanziell unter Druck zu setzen.
Das Auswärtige Amt betont, dass Deutschland aktiv gegen die Schattenflotte vorgeht. Insgesamt zählt das Ministerium derzeit 79 Schiffe zur Schattenflotte, die sich auf gefährliche Routen in der Ostsee bewegen. Nordeuropäische Staaten fordern von der EU-Kommission verstärkte Maßnahmen gegen diese Schiffe, die oft undurchsichtige Eigentumsverhältnisse und mangelhafte Versicherungen aufweisen. Gespräche mit Russland über den Tanker und dessen Rolle in dieser Flotte bleiben unklar.
Gefahren und Forderungen
Greenpeace-Aktivisten warnen vor der wachsenden Gefahr, die die alten und schlecht gewarteten Tanker für die Ostsee darstellen. Die Gefahr eines Ölunfalls ist in der Kadetrinne, einer stark befahrenen Schifffahrtsroute nahe der deutschen Küste, besonders hoch. Berichten zufolge passierten im Jahr 2023 fast 1.000 Öltanker die Ostsee, was die höchste Zahl bisher darstellt. Dies ist ein dramatischer Anstieg gegenüber den 290 Tankern im gleichen Zeitraum 2021. Greenpeace führt GPS-gestützte Untersuchungen aus, um die potenzielle Ausbreitung eines Ölteppichs zu analysieren.
Die Problematik der Schattenflotte erhält zusätzliches Gewicht, da viele dieser Schiffe direkt russisches Rohöl trotz EU-Verbots in europäische Häfen bringen. Berichte zeigen, dass beispielsweise Tanker wie die „Calida“ von russischen Häfen direkt nach Italien fuhren. Die Bundesregierung plant, weitere Öltanker zu sanktionieren und steht in engem Austausch mit G7- und EU-Partnern, um die Sanktionsverstöße zu ahnden.
Status der Sanktionen und wirtschaftliche Auswirkungen
Trotz über 13.500 verhängter Sanktionen boomt das Ölgeschäft in Russland massiv weiter. Die Schattenflotte wird aktuell auf etwa 591 Tanker geschätzt. Käufer aus Ländern wie China, Indien und der Türkei alimentieren den Kreml durch ihre Käufe. Auch wenn die EU ein Embargo für russische Ölimporte und einen Preisdeckel eingeführt hat, gelangen weiterhin große Mengen Öl auf den Markt, ohne dass diese Sanktionen effektiv durchgesetzt werden können.
Die Umweltrisiken sind enorm, und die mangelnde Wartung der Tanker erhöht die Gefahr von Katastrophen, die nachhaltige Schäden im Ökosystem der Ostsee verursachen könnten. Greenpeace schätzt, dass die Bergungsmaßnahmen im Falle einer Ölpest Jahrzehnte dauern könnten. Im Juni 2024 setzte die EU erstmals 27 Schattentanker auf eine Sanktionsliste, um diese Entwicklung zu stoppen, doch die EU-Abgeordneten fordern noch stärkere Maßnahmen und eine umfassendere Überwachung der Transporte.
Insgesamt bleibt die Situation angespannt, während die Bundesregierung und andere nordeuropäische Staaten sich für strengere Regelungen und Maßnahmen gegen die Schattenflotte einsetzen, um die Sicherheit der Ostsee und die Einhaltung der internationalen Sanktionen zu gewährleisten.