Die sächsische AfD hat nach ihrer bemerkenswerten Wahlschlappe einen klaren Kurswechsel gefordert. Nach den Ergebnissen der Bundestagswahl, bei der die AfD in Sachsen 37,3 Prozent der Zweitstimmen errang, sieht Parteichef Jörg Urban die Notwendigkeit, die „Brandmauer“ zur Union abzubauen. Dies bedeutet für ihn, dass die CDU sich neu als konservative Partei positionieren müsse, um wieder koalitionsfähig zu werden. Urban kritisiert die CDU-Spitze für ihre Festhaltung am „rot-grünen Lager“ und fordert eine umfassende politische Veränderung in Deutschland, die die CDU nicht leisten könne. In der Tat hat die AfD bis auf eine Ausnahme sämtliche Direktmandate in Sachsen gewonnen und stellt sich somit als dominierende politische Kraft in der Region dar.
Diese Entwicklung wirft die Diskussion um die sogenannte „Brandmauer“ zwischen demokratischen Parteien und der AfD erneut auf. Der Begriff, der ursprünglich aus dem Brandschutz kommt, beschreibt die Abgrenzung zu rechtspopulistischen und rechtsextremen Strömungen. Friedrich Merz, der CDU-Chef, hatte 2021 bei seinem Amtsantritt die Bedeutung dieser Brandmauer hervorgehoben. Allerdings bleibt unklar, ob diese Abgrenzung nur Koalitionen betrifft oder auch Gespräche und informelle Kontakte. Ein Vergleich mit dem „Cordon Sanitaire“ in Belgien und Frankreich verdeutlicht, dass die Thematik in anderen Ländern ähnlich diskutiert wird.
Politische Machtverhältnisse im Umbruch
Mit den Wahlergebnissen in Thüringen, wo die AfD die stärkste Kraft wurde, ist die Diskussion um die Brandmauer intensiver geworden. Die CDU sieht sich möglicherweise gezwungen, neue strategische Überlegungen anzustellen. So forderte Mario Czaja, ein prominentes CDU-Mitglied, die Aufhebung des Unvereinbarkeitsbeschlusses, der eine Zusammenarbeit zwischen CDU und der Linkspartei ausschließt. Diese Entwicklung könnte für die CDU bedeuten, dass sie, um eine stabile Mehrheit zu bilden, auf andere Partner angewiesen ist, was besonders in den neuen Bundesländern relevant ist. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer appelliert, den Begriff Brandmauer nicht mehr zu verwenden, während die BSW die gescheiterte Brandmauer kritisiert und eine argumentative Auseinandersetzung mit der AfD als notwendig erachtet.
In einem aktuellen Kontext spielt auch der aufkommende Rechtspopulismus eine entscheidende Rolle. Laut der Hans-Böckler-Stiftung gewinnen rechtspopulistische Parteien in Deutschland zunehmend an Einfluss und speisen sich oft aus antidemokratischen Ressentiments. Die Covid-19-Pandemie, der Ukraine-Konflikt und die Klima-Krise werden dabei als Themen genutzt, um Ängste zu schüren und Menschen anzusprechen, die sich von der Politik abgehängt fühlen. Es zeigt sich, dass antidemokratische Einstellungen nicht nur in marginalisierten Gruppen verbreitet sind, sondern auch in der Mitte der Gesellschaft Fuß fassen.
Die Verantwortung der politischen Institutionen
Die neue Machtposition der AfD eröffnet ihr potentielle Optionen, Entscheidungen zu blockieren oder gar Einfluss auf die Wahl des Ministerpräsidenten zu nehmen. Wahlforscher kritisieren die Forderung einer Brandmauer als irreführend und betonen, dass diese nicht automatisch die Demokratie schützen kann. Der Weg der CDU ist ungewiss. Unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit haben Umfragen ergeben, dass ein erheblicher Teil der CDU-Mitglieder – in Ostdeutschland sogar 68 Prozent – eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht ausschließt.
Die Herausforderung liegt somit nicht nur im Umgang mit den wachsenden rechten und rechtspopulistischen Strömungen, sondern auch in der grundlegenden Herausforderung an die demokratische Kultur in Deutschland. Politische Institutionen sind gefordert, das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen und sozialer Ungleichheit entgegenzuwirken, um der Anfälligkeit für antidemokratische Sichtweisen entgegenzuwirken. Es bleibt abzuwarten, wie die CDU und andere Parteien auf diese Dynamiken reagieren werden, während die AfD weiterhin profitiert und sich in einer zunehmend einflussreichen Position sieht.
Für weitere Details zur politischen Entwicklung und den sich verändernden Machtverhältnissen in Sachsen und Thüringen können die Berichte von Merkur, Deutschlandfunk und Hans-Böckler-Stiftung konsultiert werden.