In Neuruppin sehen sich Apotheker zunehmend mit Lieferengpässen konfrontiert, die sie dazu zwingen, Medikamente selbst zu mischen. Ulrike Noeske-Heisinger, eine engagierte Apothekerin, hebt hervor, dass die Eigenproduktion von Medikamenten nicht nur eine Notwendigkeit, sondern auch ein wichtiger Bestandteil ihres Berufs ist. Trotz der Verfügbarkeit von Fertigpräparaten bleibt der Bedarf an individuellen Lösungen hoch, insbesondere in der Kindermedizin. Hier sind spezielle Dosierungen und Darreichungsformen oft erforderlich, da viele Medikamente nicht an Kindern getestet werden, was individuelle Anpassungen unabdingbar macht.
Laut Ramona Reimann von der Landesapothekerkammer haben alle öffentlichen Apotheken in Deutschland die Voraussetzungen, um Rezepturen herzustellen. Dies ist besonders wichtig für Patienten mit spezifischen Bedürfnissen, etwa Neugeborene mit Herzfehlern. Während während der Corona-Pandemie Apotheken Desinfektionsmittel produzierten, zeigt sich, dass die gegenwärtige Situation bei wichtigen Medikamenten wie Ibuprofen und Paracetamol sich verbessert hat, während es jedoch weiterhin Engpässe bei Antiepileptika gibt. Diese Herausforderungen wirken sich nicht nur auf die Praxen aus, sondern fordern auch eine Neubewertung des Berufstandes.
Die Herausforderungen der Arzneimittelversorgung
In einem breiteren Kontext sind Lieferengpässe ein wiederkehrendes Problem in Deutschland. So werden laut einem Bericht von tagesschau.de aktuell etwa 500 verschiedene rezeptpflichtige Medikamente von solchen Engpässen betroffen. Besonders betroffen sind Antibiotika und Insuline, was insbesondere während der Erkältungssaison beunruhigend ist, da die Nachfrage die Versorgung beeinträchtigen könnte. Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands, warnt, dass sowohl akute als auch chronische Patienten unter diesen Engpässen leiden können.
Ein wissenschaftlicher Beitrag von Professorin Ulrike Holzgrabe diskutiert den Rückgang der Anzahl der Hersteller, was potenziell zu Versorgungsproblemen führt. Sie betont, dass niedrige Margen bei Generika die Produktion beeinträchtigen und dass 60 bis 70 % der Arzneistoffproduktion in China und Indien stattfinden, was zu einer gefährlichen Abhängigkeit von ausländischen Herstellern führt.
Verbesserungen und Lösungsansätze
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat Verbesserungen bei der Arzneimittelversorgung versprochen, die teilweise bereits Auswirkungen zeigen. Manche bürokratischen Erleichterungen, die den Austausch von nicht lieferbaren Medikamenten betreffen, wurden eingeführt. Laut pharmazeutische-zeitung.de wird die Rolle der Apotheker bei der Minderung der Auswirkungen von Arzneimittelknappheit gestärkt. Apotheker sollen die Erlaubnis erhalten, bei Lieferengpässen alternative Medikamente abzugeben, wobei in Großbritannien ähnliche Modelle schon etabliert sind.
Die aktuelle Debatte zeigt, dass die Apotheker nicht nur als Verkäufer von Medikamenten, sondern vielmehr als Heilberufler betrachtet werden sollten. Ulrike Noeske-Heisinger stellt klar, dass der Apothekerberuf mehr Anreize für Nachwuchs benötigt. Trotz der kaufmännischen Aspekte sind es die humanitären Grundsätze, die die Apotheker antreiben und sie in ihrem täglichen Tun bestärken.