Die Zahl der Abschiebungen in Nordrhein-Westfalen (NRW) ist im Jahr 2023 erheblich gestiegen. Bereits zwischen Januar und Ende November wurden 4.033 Menschen aus dem Bundesland abgeschoben. Damit übersteigt die Zahl der Rückführungen das Niveau des Vorjahres, als im gesamten Jahr 3.118 Personen abgeschoben wurden. Auch im Jahr 2021 lag dieser Wert bei 3.663. NRW ist somit für etwa jede fünfte Abschiebung aus Deutschland verantwortlich, was die Bedeutung des Bundeslandes in der Asylpolitik unterstreicht. Die Hauptziele der Abschiebungen waren Albanien, Nordmazedonien und Serbien.Kölner Stadt-Anzeiger berichtet.
Die NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) wies auf die Herausforderungen hin, die durch die mangelnde Kooperationsbereitschaft von Herkunftsländern bei Rückführungen entstehen. Sie fordert tragfähige Migrations- und Rücknahmeabkommen, um die Rückführung von Menschen ohne Bleibeperspektive zu erleichtern. Sebastian Rose vom Abschiebungsreporting NRW merkt an, dass der Anstieg der Abschiebungen den Druck auf die betroffenen Personen erhöht.
Ausreisepflicht in NRW
In Nordrhein-Westfalen gelten abgelehnte Asylbewerber sowie Personen mit abgelaufenen Visa als „ausreisepflichtig“. Nach einer Ablehnung des Asylstatus erhalten diese Betroffenen eine schriftliche Aufforderung, das Land innerhalb von sieben bis dreißig Tagen zu verlassen. Bei Nichteinhaltung dieser Aufforderung kann die Bundespolizei die Abschiebung durchführen – notfalls mit Gewalt. Auch die Möglichkeit, in andere EU-Länder überstellt zu werden, besteht, jedoch lehnen einige Staaten wie Italien und Griechenland die Aufnahme von Geflüchteten ab, was die Situation zusätzlich kompliziert. Laut WDR waren Ende Oktober 2023 etwa 60.000 Menschen in NRW ausreisepflichtig, darunter 6.800 Iraker und 4.100 Serben.WDR
Der bundesweite Trend zeigt einen erheblichen Anstieg der Abschiebungen. Im Jahr 2023 wurden insgesamt 16.430 Menschen aus Deutschland abgeschoben, verglichen mit 12.945 im Jahr 2022. Bundeskanzler Olaf Scholz interpretierte diesen Anstieg als „echten Fortschritt“. Die Auswirkungen der Abschiebepolitik sind auch für Minderjährige spürbar: Im Jahr 2023 waren 2.863 Minderjährige unter den Abgeschobenen, eine deutliche Zunahme im Vergleich zu 349 im Vorjahr. Auch die Zahl der Menschen, die nach der Dublin-Verordnung in andere EU-Staaten überstellt wurden, stieg auf 5.053.Bundeszentrale für politische Bildung
Künftige Entwicklungen
Im Jahr 2024 ist die Zahl der Anträge auf Asyl in Deutschland gestiegen, mit 213.000 neu gestellten Gesuchen. Dies könnte die Debatte um die Abschiebepolitik weiter anheizen, insbesondere hinsichtlich der Effektivität und Humanität dieser Maßnahmen. Die Bundesregierung sieht sich der Herausforderung gegenüber, die Balance zwischen Sicherheit und humanitären Aspekten zu finden, während sie gleichzeitig die Kooperationsbereitschaft der Herkunftsländer erhöhen möchte. Ob die geforderten Abkommen zur Rückführung erfolgreich umgesetzt werden können, bleibt abzuwarten.