Die deutsche Europaabgeordnete Nela Riehl hat vor dem russischen Popsong „Sigma Boy“ gewarnt und sieht ihn als gezielte pro-russische Beeinflussung von Jugendlichen. In ihrer Rede im Europäischen Parlament forderte sie Maßnahmen der EU, um die kulturelle Integrität zu schützen. Der Song, der im Oktober 2024 veröffentlicht wurde, hat innerhalb von nur drei Monaten über 66 Millionen Aufrufe auf YouTube erreicht und erreichte Platz 7 der Billboard Hot Dance/Pop Songs. Riehl kritisierte, dass das Lied patriarchale und pro-russische Weltanschauungen vermittelt.

„Sigma Boy“, geschrieben von Michail Tschertischtschew und gesungen von seiner Tochter Svetlana Tschertischtschewa (auch bekannt als Betsy) sowie Maria Jankowskaja, beschreibt einen Typus junger Männer, die als erfolgreich und unabhängig gelten. Der Begriff „Sigma Male“ hat sich in Internet-Kreisen etabliert und steht für Unabhängigkeit und Selbstgenügsamkeit. Riehl betonte, dass nicht nur das russische, sondern auch das ukrainische kulturelle Erbe, einschließlich Sprache und Musik, von der russischen Regierung angegriffen wird.

Wachsende Viralität des Songs

Der virale Erfolg des Songs „Sigma Sigma Boy“ auf Plattformen wie TikTok ist bemerkenswert. Laut Dexerto begann die Popularität des Liedes Ende November 2024, als TikTok-Nutzer damit begannen, unterhaltsame Videos zu erstellen. Diese umfassten oft absurde und kurzweilige Inhalte, die als „brain rot content“ bezeichnet werden. Ein Video, das am 21. November von Nutzer sigmaboyth gepostet wurde, erzielte über 36,7 Millionen Aufrufe.

Das Lied kombiniert Pop- und elektronische Beats und hat sich schnell als virale Hymne etabliert, die die kreative Energie von TikTok verkörpert. Die Nutzer zeigen in ihren Videos eine Vielzahl von Themen, von Fortnite-Charakteren über K-Pop-Idole bis hin zu TV-Show-Montagen. Diese Fan-Edits und die Nutzung des Songs in humorvollen Kontexten sprechen die Internet-Subkulturen an und verstärken die viralen Effekte weiter.

Kulturelle und Politische Einordnung

Die Diskussion um „Sigma Boy“ spiegelt das Forschungsgebiet der populären Musik wider, das mittlerweile auch die politischen Dimensionen dieses Genres untersucht. Es werden Verbindungen zwischen populärer Musik und sozialen, kulturellen sowie politischen Konflikten analysiert. Veranstaltungen wie internationale Konferenzen widmen sich der Frage, wie Musik als Werkzeug der politischen Einflussnahme verwendet wird. Der Einfluss von Musik auf gesellschaftliche Bewegungen und die Bildung neuer Identitäten ist seit dem Zusammenbruch des Ostblocks und der Globalisierung ein zentrales Thema.

Riehl äußerte sich besorgt über die subtile Infiltration und Verfälschung kultureller Inhalte, die durch solche Lieder gefördert werden. Sie betonte die Wichtigkeit, ein sicheres Internetumfeld für Jugendliche zu schaffen und stellte klar, dass ihre Kritik nicht als Versuch verstanden werden sollte, das Lied zu verbieten. Vielmehr richte sich ihre Forderung an die EU, auf die durch Musik vermittelte politische Agenda zu reagieren und die kulturellen Werte zu verteidigen.

Insgesamt verdeutlicht die Debatte um „Sigma Boy“ nicht nur die Gefahren von moderner Musik als Propaganda, sondern auch die Leistungsfähigkeit von sozialen Netzwerken, um Inhalte massenhaft zu verbreiten und damit einen globalen Diskurs zu initiieren.