BayernMünchen

Streit um Straßenbahn: CSU blockiert Münchens Nahverkehrswende

Die CSU hat im März 2023 überraschend die Zustimmung zum Bau einer Straßenbahn durch den Englischen Garten in München zurückgezogen, was die Pläne zur Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs untergräbt und die Klimaziele gefährdet.

Die aktuelle Verkehrspolitik in Bayern steht vor einer bedeutenden Herausforderung: Der Rückzug der CSU von der geplanten Straßenbahntrasse durch den Englischen Garten in München hat nicht nur die Mobilitätspläne der Stadt geplättet, sondern auch die Diskussion über die Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs in der Region neu entfacht.

Widerstand gegen den Nahverkehrsausbau

Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) musste im März dieses Jahres eine herbe Enttäuschung hinnehmen, als die bayerische Staatsregierung ihre erst 2017 unter Vorbehalt gegebene Zustimmung zum Bau der Straßenbahnlinie zurückzog. Die CSU erklärt, ihre Entscheidung sei durch Bedenken um die visuelle Integrität des Englischen Gartens motiviert. Kritiker dagegen, insbesondere aus den Reihen von SPD und Grünen, betrachten dies als einen Ausdruck von Technikfeindlichkeit und als Hindernis auf dem Weg zu einer modernen Verkehrspolitik. Nikolaus Gradl, verkehrspolitischer Sprecher der SPD/Volt-Fraktion im Münchner Rathaus, äußerte sich enttäuscht über die Entscheidung: „Die CSU trägt das goldene Kalb Auto durch die Stadt.“

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Die Bedeutung des Projekts für die Stadt

Die zum Stillstand gekommenen Pläne waren wesentlicher Bestandteil der angestrebten Nordtangente, die eine strategische Verbindung zwischen Neuhausen und Bogenhausen darstellen sollte. Diese Trasse sollte nicht nur die Effizienz des ÖPNV verbessern, sondern auch die Abhängigkeit vom Individualverkehr verringern. Die Umsetzung hätte sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile versprochen, da Straßenbahnen in der Regel kostengünstiger in der Implementierung sind als U-Bahn-Systeme. Ziel war es, den Nahverkehr in einer wachsenden Stadt leistungsfähiger und attraktiver zu machen.

Ideologische Barrieren und landesweite Auswirkungen

Die CSU sieht sich jedoch nicht nur in München, sondern auch in anderen bayerischen Städten kritisiert. In Regensburg führte ein von der CSU unterstütztes Bürgerbegehren dazu, dass ein Stadtbahnprojekt abgelehnt wurde, was den ÖPNV-Ausbau stark gefährdet. Ähnliche Entwicklungen fanden auch in Erlangen statt, wo die CSU gegen eine geplante Stadt-Umland-Bahn mobil machte. Obwohl große Unternehmen und Umweltgruppen für den Ausbau plädierten, scheint die Partei aus ideologischen Gründen blockierend zu wirken.

Expertenmeinungen widersprechen CSU-Position

Verkehrsexperten wie Heiner Monheim sind besorgt über diese Haltung der CSU. Er argumentiert, dass die CSU nicht nur München, sondern ganz Bayern in eine verkehrspolitische Sackgasse führt. Dabei hebt er hervor, dass Städte wie Paris und Karlsruhe durch den Ausbau ihrer Straßenbahnnetze nicht nur die Luftqualität verbessert, sondern auch eine höhere Fahrgastzahl verzeichneten. Diese positiven Effekte stehen in starkem Kontrast zu den Bedenken der CSU und erfordern ein Umdenken, insbesondere in Anbetracht der drängenden Klimaziele.

Der Weg nach vorne

Das bayerische Verkehrsministerium hat dennoch betont, dass der ÖPNV eine zentrale Rolle in der zukünftigen Mobilität spielen muss. Ressortleiter Markus Söder hat andererseits gezeigt, dass er bereit ist, flexibel auf verschiedene Projekte zu reagieren. Fraglich bleibt, ob seine Unterstützung für zukünftige Straßenbahnprojekte ausreicht, um den fortschreitenden Negativtrend zu stoppen und die notwendige Verkehrswende in Bayern voranzutreiben.

Die Diskussion über den Ausbau des Nahverkehrs zeigt nicht nur die tiefgreifenden Unterschiede zwischen politischen Parteien auf, sondern verdeutlicht auch den Bedarf an einer modernen, zukunftsorientierten Verkehrspolitik, die alle Bürgerinnen und Bürger in Bayern in den Mittelpunkt stellt.

Lebt in Hamburg und ist seit vielen Jahren freier Redakteur für Tageszeitungen und Magazine im DACH-Raum.
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