Aachen

Rote Linie überschritten: Milo Raus kontroverse Inszenierung von Medeas Kinder polarisiert

Der Schweizer Regisseur Milo Rau präsentiert in „Medeas Kinder“ eine verstörende Erzählung über mordende Mütter aus der Sicht ihrer kleinen Opfer, die zwischen Antike und Gegenwart angesiedelt ist. Die Inszenierung ertränkt die eigentliche Erkenntniskraft des Theaters in einer Flut von Kunstblut und Betroffenheitskitsch, wodurch die Tiefe des Stücks beeinträchtigt wird. Anhand von brutalen Szenen, in denen Kinder vor einer Kamera sterben, thematisiert Rau die Tragödie von Medea und die realen Morde einer belgischen Mutter, Amandine Moreau, aus der Sicht der Opfer.

Inmitten einer Mischung aus vorproduzierten Videoszenen und Bühnenspiel zeigen sechs Kinder zwischen acht und vierzehn Jahren die Geschehnisse auf einem Sandstrand. Dabei wechseln sich momente tiefer Emotionalität mit blutigen Effekten und kitschigen Momenten ab, die die Vielschichtigkeit von Euripides‘ Medea nicht angemessen wiedergeben. Rau präsentiert die rächende Figur der Medea auf sehr eindimensionale Weise, ohne tiefgründige sozialpolitische Hintergründe einzubeziehen. Seine naive Botschaft, dass nur die Liebe die einsamen Kindsmörderinnen hätte erlösen können, erscheint inmitten des Splatter-Theaters, welches die Gewalt an Kindern ohne nützliche Erkenntnisse exponiert, befremdlich oberflächlich.

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Die Wiener Festwochen, unter der Intendanz von Rau, wurden von revolutionärem Pathos geprägt. Trotz verschiedener kontroverser künstlerischer Beiträge wie Carolina Bianchis „A Noiva e o Boa Noite Cinderela“ oder Leonie Böhms „Blutstück“, die auf schockierende Effekte und Betroffenheitskitsch setzen, bestach Kirill Serebrennikovs Musiktheater „Barocco“ durch eine phantasievolle Bildsprache. Im Gegensatz zu Rau, der eine emotionalisierende Vereinfachung verfolgt, zeichnet sich Kornél Mundruczós Theaterkunst durch eine tiefgreifende und durchdachte Theatralität aus, wie in seiner Inszenierung von „Parallax“ zu sehen ist. Hier werden transgenerationale Traumata und Identitätsverlust durch die Erfahrung des Holocaust auf subtile und sinnliche Weise thematisiert, ohne in belehrende Betroffenheit zu verfallen.

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