Politik

Arbeitskampf bei SRW Metalfloat: Aussperrung statt Streik – IG Metall zahlt Streikgeld

Kampf um faire Arbeitsbedingungen: Die ungewöhnliche Aussperrung bei SRW Metalfloat.

Manch einer, der sich morgens zur Arbeit schleppt, mag den Gedanken zunächst einmal gar nicht schlecht finden: Was, wenn nun die Bürotür verschlossen wäre, einfach so? Man ginge wieder nach Hause, legte die Füße hoch und ließe die Arbeit Arbeit sein. Wobei sich, bei genauerer Betrachtung, doch gewisse Anschlussfragen stellen: Was tun mit der freien Zeit, und, wichtiger noch: Wer zahlt nun den Lohn, wer die Miete?

Es sind Fragen, die sich jetzt auch etwa 90 Mitarbeiter von SRW Metalfloat, einem Recyclingunternehmen aus dem sächsischen Rötha, stellen müssen. Als sie vor wenigen Tagen zur Frühschicht einrücken wollten, wurden sie am Eingangstor von einem Sicherheitsdienst empfangen, der sie nicht aufs Gelände ließ. Auch die Transponder, mit denen sich die Mitarbeiter sonst Zutritt verschafften, hätten nicht mehr funktioniert, wissen lokale Medien zu berichten.

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Die Führungsetage des Unternehmens bedient sich damit eines Instruments aus dem Reich der Arbeitskämpfe, das in der Bundesrepublik schon fast in Vergessenheit geraten ist. Nicht bloß Arbeitnehmer können streiken, auch wenn das in den vergangenen Jahren das gängige Bild gewesen ist, mit Erziehern im Ausstand, mit Flugbegleitern, Postboten und natürlich den Lokführern. Der Arbeitgeber kann den Spieß auch umdrehen und seine Angestellten vor die Tür setzen. Solche Aussperrungen waren einst nicht ungewöhnlich.

Auch bei SRW Metalfloat, dem Recycler aus Sachsen, dürfte dies das Kalkül gewesen sein. Das zeigt die Vorgeschichte der Aussperrung: In der Firma, hinter der ein chinesischer Investor steht, gilt bisher kein Tarifvertrag. Viele der Beschäftigten, die am Fließband stehen und Schrottteile sortieren, verdienen nur knapp über dem Mindestlohn. Der Betriebsrat und die Gewerkschaft IG Metall hatten deshalb im Herbst versucht, einen Tarifvertrag und damit bessere Löhne auszuhandeln, die Firma aber lehnte ab.

Beim Recycler SRW folgte auf die gescheiterten Verhandlungen das übliche Drehbuch des Arbeitskampfs: Urabstimmung, dann unbefristeter Streik. Die Hartnäckigsten blieben fast sechs Monate im Ausstand, doch das Unternehmen gab nicht nach. Mit der Hälfte der Belegschaft, die nicht streikte, hielt es den Betrieb aufrecht – und weist den aufmüpfigen Angestellten jetzt, wo sie ihren Arbeitskampf unterbrechen wollten, die Tür. Die Aussperrung soll bis Ende Mai gelten. Immerhin, die Geldfrage ist inzwischen gelöst: Die IG Metall zahlt den Ausgesperrten Streikgeld, etwa 350 Euro die Woche.

Lebt in Stuttgart und ist seit vielen Jahren freier Redakteur für Tageszeitungen und Magazine im DACH-Raum.
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