Reisen

Legenden aus dem Berliner Norden: Der American Western Saloon und sein einsamer Hüter

Eine Reise in die Welt des American Western Saloon in Berlin-Reinickendorf

Das Märkische Viertel im Berliner Norden, genauer gesagt im Bezirk Reinickendorf, wird von rund 40.000 Menschen aus verschiedenen Nationen bewohnt. Hier manifestiert sich Berlin in Form grauer Plattenbauten und sozialer Ausgrenzung, was dem Viertel den Ruf eines Problembezirks einbringt, nicht zuletzt aufgrund des Songs „Mein Block“ von Sido. Inmitten dieser urbanen Landschaft thront das Fontane-Haus, ein Kultur- und Veranstaltungszentrum in brutalistischem Stil. An seiner Südfassade prangt ein grell-oranges Schild mit der Aufschrift „American Western Saloon“, das neugierige Besucher anlockt.

Im Keller des Fontane-Hauses offenbart sich eine Welt voller Holz, Cowboystiefeln und amerikanischem Kitsch, geschaffen von Frank Lange. Besucher können sich inmitten ausgestopfter Tiere, Traktor-Modellen und Saloon-Dekor zurücklehnen und Jack-Daniels-Cola genießen. Frank Lange, der als Saloon-Sheriff tituliert wird, hat mit Leidenschaft und zahlreichen Reisen in die USA eine einzigartige Atmosphäre geschaffen, die viele Country-Enthusiasten anzieht.

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Trotz des Endes des „Country Music Meeting“, einer der größten Country-Messen Deutschlands, strömen weiterhin Gäste aus der gesamten Region in Langes Saloon, um dem Country, Hillbilly und Country-Rock zu frönen. Hier finden sich Wochenende für Wochenende Menschen zusammen, die eine Sehnsucht nach Freiheit und Zusammengehörigkeit empfinden, geprägt von einer idealisierten Vorstellung des amerikanischen Westens. Es ist ein Ort, der die Gemeinschaft der „Outlaws“ vereint, fernab vom Alltag der Besucher.

Die Faszination für den Mittleren Westen und den Geist des Country zeigt sich in Deutschland seit über einem Jahrhundert, auch befeuert durch die Werke des Schriftstellers Karl May, der eine Sonderstellung in der deutschen Literatur innehat. Diskussionen über May’s Erzählungen und ihre Darstellung von Fremde und kolonialen Symbolen finden auch im American Western Saloon statt, einem Ort, den Frank Lange mit Herzblut verteidigt. Inmitten von Musikeinlagen, Tanz und Diskurs überwiegt die Suche nach einem Ort der Freiheit und Akzeptanz, während gleichzeitig die Schattenseiten der historischen Symbolik nicht verdrängt werden.

Die Highlgihts des Saloons sind die Line-Dance-Enthusiasten und die gelegentlichen Live-Auftritte von Bands wie den Hardcore Troubadours. Musik spielt eine zentrale Rolle, die Gäste vereint und eine Auszeit von der Realität bietet. Der Saloon ist nicht nur ein Ort der Unterhaltung, sondern ein Ort der Begegnung für Menschen verschiedenster Hintergründe, die in der Musik des Mittleren Westens eine gemeinsame Sprache finden.

Lebt in Niendorf und ist seit vielen Jahren freier Redakteur für Tageszeitungen und Magazine im DACH-Raum.
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