Silke Maier-Witt, bekannt als Sylvia Beyer, war eine zentrale Figur in der roten RAF, die in den 1990er Jahren in der DDR untertauchte. Ihre Geschichte ist geprägt von Radikalisierung, Reue und dem Streben nach Vergebung. Maier-Witt lebte seit 1988 in Neubrandenburg und war ins Visier der Behörden geraten, nachdem ihre Freundin und Mitkämpferin Susanne Albrecht am 6. Juni 1990 in Ostberlin festgenommen wurde. Nur wenige Wochen später, am 18. Juni 1990, folgte Maier-Witts eigene Verhaftung, während sie mit schwedischen Investoren am Flughafen Berlin-Schönefeld arbeitete.
In Neubrandenburg war Maier-Witt im VEB Pharma tätig und hatte Wohnungen für ein Kommando angemietet, das an einem Überfall beteiligt war. Während ihrer Haftzeit setzte sie sich intensiv mit ihrer Vergangenheit auseinander und äußerte sich in Interviews sowie Dokumentationen als Zeitzeugin. Ihre Autobiografie mit dem Titel „Ich dachte, bis dahin bin ich tot“ beleuchtet ihren Weg zur Radikalisierung, die sie zum Beitritt zur RAF führte und beschreibt die Einschränkungen, unter denen sie aufwuchs, einschließlich einer gefühllosen Familie und eines tragischen Kindheitsverlustes. Besonders prägend war der Tod ihrer Mutter und die Ignoranz ihres Vaters gegenüber seiner NS-Vergangenheit.
Die Suche nach Vergebung
Maier-Witt zeigt in ihrer Autobiografie auf, wie sie sich in der RAF behauptete. Anders als viele ihrer Mitstreiter war sie nicht direkt am Schießen beteiligt, organisierte jedoch zahlreiche Taten und war in die brutale Entführung von Hanns Martin Schleyer verwickelt. Diese Erlebnisse führten zu einem inneren Konflikt, insbesondere nach dem Tod einer unbeteiligten Frau in Zürich, der ihr die Widersprüche ihres Handelns bewusst machte. Sie kämpfte in Haft mit Schuldgefühlen gegenüber den Opfern ihrer Taten, darunter auch Jörg Schleyer, dem Sohn des ehemaligen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer.
In ihrem Buch reflektiert Maier-Witt über ihre Erfahrungen in der RAF und die blinden Flecken ihres früheren Denkens. Sie erkennt die Schwierigkeiten, die den kritischen Diskurs über ihre Taten verhinderten, und empfindet Scham für ihre früheren Entscheidungen. Ein Wendepunkt in ihrem Leben war die Untertauchen in der DDR, wo sie der SED beitrat und als Stasi-Mitarbeiterin tätig wurde. Ihre kritische Sicht auf die Verhältnisse in der DDR und das Desinteresse der Gesellschaft gegenüber den Belangen der RAF zeigen sich auch in der Diskussion über die Notwendigkeit der Reformen vom deutschen Rechtsstaat, der durch die RAF herausgefordert wurde.
Der Kontext der RAF und der Rechtsstaat
Die RAF stellte eine wesentliche Bedrohung für den deutschen Rechtsstaat dar und brachte diesen an seine Grenzen. Ihr Verhalten, geprägt von Geiselnahmen und Hungerstreiks, zwang die Bundesregierung, neue Gesetze, darunter den § 129 a StGB, einzuführen, um gegen terroristische Vereinigungen vorzugehen. Die Auseinandersetzung mit der RAF revolutionierte die deutschen Sicherheitsgesetze und führte zu einer stärkeren Ausrichtung der Polizei, die unabhängiger von der Staatsanwaltschaft agierte.
Maier-Witts Lesung zur Buchvorstellung in Neustrelitz am 25. Februar 2025 ist bereits ausverkauft. In dieser wird sie die komplexen Facetten ihrer Vergangenheit beleuchten und den Zuhörern Einblicke in den Prozess ihrer Reue und Reflexion geben. Ihr Leben steht symbolisch für die Transformation, die viele ehemalige Terroristen durchleben und den Kampf um Anerkennung der Menschenwürde im Kontext von traumatischen Erlebnissen und politischen Ideologien.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Silke Maier-Witts Aufarbeitung ihrer Vergangenheit nicht nur eine persönliche Reise darstellt, sondern auch die kritische Reflexion über den Terrorismus in Deutschland und dessen Auswirkungen auf den Rechtsstaat anstößt. Ihre Einsichten aus der Zeit in der RAF und die Auseinandersetzung mit den eigenen Handlungen regen zur Diskussion über Vergangenheit, Verantwortung und Vergebung an.
Für weitere Informationen zu Maier-Witts beeindruckender Lebensgeschichte, werfen Sie einen Blick auf die Artikel von nordkurier.de, deutschlandfunkkultur.de und bpb.de.