Am Landgericht Stralsund fand ein aufsehenerregender Prozess gegen die 17-jährige Sophia B. statt. Sie wurde wegen Totschlags angeklagt, nachdem sie einen 59-jährigen Mann in Greifswald getötet hatte. Der Vorfall ereignete sich am 28. Juni 2024, als Sophia B. ihrem Opfer mit einem Frühstücksbrett mehrfach gegen den Kehlkopf schlug. Der Prozess war geprägt von Schwierigkeiten in der Beweisführung, da keine objektiven Beweise oder Fingerabdrücke vorlagen, da die Leiche bereits verwest war. Das Gericht stützte seine Entscheidung im Wesentlichen auf die widersprüchlichen Aussagen der Angeklagten und anderer Zeugen. Sophia B. hatte zudem unter Asperger/Autismus gelitten, was in der Urteilsfindung berücksichtigt wurde.

Die Staatsanwaltschaft forderte eine Haftstrafe von acht Jahren für Sophia B., doch letztendlich wurde sie zu fünf Jahren im Jugendstrafvollzug der JVA Neustrelitz verurteilt. Interessanterweise wurde auch ein Mitangeklagter, Rene K. (50), verurteilt, und zwar zu sechs Monaten Haft wegen unterlassener Hilfeleistung. Er bestritt jedoch, an dem Angriff beteiligt gewesen zu sein und blieb bei seiner Version, dass er nicht mit dem Brett zugeschlagen hatte. Der Fall führte zu intensiven Diskussionen über Selbstjustiz, da das Opfer, Jörg M., Sophia B. über einen längeren Zeitraum nachgestellt und belästigt hatte, einschließlich einer vermeintlichen Vergewaltigung.

Kontext der Selbstjustiz

Das Phänomen der Selbstjustiz wirft wichtige rechtliche und ethische Fragen auf. In Deutschland wird Selbstjustiz oft als eine Art Vigilantismus betrachtet, bei dem Bürger eigenmächtig Gerechtigkeit suchen, anstatt auf die staatliche Justiz zu vertrauen. Selbstjustiz wird häufig damit gerechtfertigt, dass die offizielle Justiz versagt hat. Allerdings missachtet sie das Gewaltmonopol des Staates und ist strafbar. Handlungen, die unter Notwehr oder zur Abwendung eines Notstandes fallen, sind nicht als Selbstjustiz zu klassifizieren, was im Fall von Sophia B. von Bedeutung ist, da sie angab, in einer verzweifelten Situation agiert zu haben.

Die Entdeckung des Verbrechens geschah durch Zufall während einer Drogenrazzia in der Wohnung von Rene K., wo die Leiche entdeckt wurde. Dies verstärkt die Debatte darüber, inwiefern Einzelpersonen, die sich selbst verteidigen, zur Gewalt greifen, als direkte Antwort auf wiederholte Belästigungen oder übergriffige Verhaltensweisen. Während sich Sophia B.s Geständnis als strafmildernd herausstellte, bleibt die Frage, ob ihre Reaktion als gerechtfertigte Selbstverteidigung oder als unverhältnismäßige Selbstjustiz betrachtet werden kann.

Insgesamt verdeutlicht der Fall die Komplexität von Selbstjustiz und die Herausforderungen, die sich aus solchen extremen Situationen ergeben, wenn das Gefühl der Verwundbarkeit und die Ohnmacht gegenüber rechtlicher Entlastung aufeinandertreffen.