Die politische Lage in Deutschland sorgt für Besorgnis. Trotz der seit mehreren Jahren zu beobachtenden Normalisierung rechtspopulistischer Positionen, zeigen aktuelle Studien, dass der Einfluss solcher Parteien auf die Wählerschaft weiterhin ambivalent ist. Eine Studie der Universität Mannheim belegt, dass die Übernahme rechtspopulistischer Positionen durch Parteien der Mitte nicht zu einem Anstieg der Wählerzahlen führt. Stattdessen scheinen die Wähler eher den sogenannten „Originalen“, also den Rechtspopulisten selbst, treu zu bleiben. Die Daten zeigen, dass konservative Parteien wie die CDU, vertreten durch Friedrich Merz, dabei sind, sich selbst zu schaden, indem sie sich nach rechts bewegen, was wohl mehr Wähler in die Arme der AfD treiben könnte. Merz, der versucht hat, Wähler von der AfD zurückzugewinnen, hat dabei jedoch nicht alle Mitglieder seiner Partei überzeugt, wie die jüngsten Abstimmungen zeigen.
In der Migrationsdebatte hat auch Olaf Scholz signalisierte eine ähnliche Wendung vorgenommen. Dies reflektiert einen weiteren Trend, der sich seit den Pegida-Protesten zeigte, dass rechtsextreme Ansichten in der Gesellschaft an Zugkraft gewinnen konnten. Ein zentrales Anliegen ist das Zurückdrängen einer als zu radikal wahrgenommenen AfD, deren Rhetorik in der Vergangenheit von den meisten politischen Akteuren eher als störend abgelehnt wurde. Historische Entwicklungen legen nahe, dass früher eine minderheitenfeindliche Rhetorik nicht akzeptiert wurde, was dazu führte, dass rechte Parteien marginalisiert werden konnten.
Faktoren für den Aufstieg des Rechtspopulismus
Die Hans-Böckler-Stiftung hat festgestellt, dass die derzeitigen Krisensituationen, wie die Corona-Pandemie, der Ukraine-Konflikt und die Klima-Krise, den Nährboden für rechtspopulistische Ideen befeuern. Diese Krisen werden oft instrumentalisiert, um antidemokratische und rassistische Ressentiments zu schüren. Bettina Kohlrausch weist darauf hin, dass Rechtspopulismus häufig als feindliche Haltung gegenüber einer als abgehoben wahrgenommenen Elite auftritt.
Die Verbreitung antidemokratischer Einstellungen ist nicht auf extreme Ränder beschränkt, sondern zeigt sich auch in der Mitte der Gesellschaft. 14% der Befragten in einer Studie der Stiftung belegen ein hohes Ausmaß an antidemokratischen Einstellungen, die häufig mit einer Wahrnehmung von sozialem Abstieg und Statusbedrohung korrelieren. Ein direkter Zusammenhang zwischen unzufriedenen sozialen Verhältnissen und der Zustimmung zu rechtspopulistischen Überzeugungen ist erkennbar, was die Notwendigkeit verstärkt, soziale Themen in der politischen Debatte zu integrieren.
Europäischer Kontext des Rechtsrucks
Parallel zu den Entwicklungen in Deutschland zeigt sich in ganz Europa ein ähnlicher Trend: Rechtspopulistische und rechtsextremistische Parteien gewinnen in vielen Ländern an Einfluss. Bei der Nationalratswahl 2024 wurde die FPÖ unter Herbert Kickl in Österreich mit 28,85% stärkste Kraft. In Deutschland hat die AfD bei Wahlen auf kommunaler, Landes- und europäischer Ebene, besonders in den östlichen Bundesländern, signifikante Erfolge erzielt, mit Wahlergebnissen von bis zu 30%. Prognosen für die Bundestagswahl 2025 deuten darauf hin, dass die AfD auf circa 20% der Stimmen kommen könnte.
Diese Entwicklungen sind nicht losgelöst von einem gesamtgesellschaftlichen Rechtsruck, der in vielen europäischen Ländern und darüber hinaus zu beobachten ist, beispielsweise in Italien mit Giorgia Meloni oder in Ungarn unter Viktor Orbán. In Deutschland bleibt die Brandmauer gegen die AfD in Teilen bestehen, auch wenn Hunderttausende am Wochenende gegen diese Normalisierung auf die Straße gingen, was auf eine aktive Zivilgesellschaft hinweist, die sich gegen den Rechtsruck zur Wehr setzt. Wie es weitergeht, bleibt abzuwarten, doch die Zeichen stehen auf Veränderung.