Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine im Jahr 2022 hat in Deutschland eine substanziell veränderte Diskussion über Zivilschutz und Schutzräume ausgelöst. In diesem Zusammenhang informieren Tag24 über die aktuellen Planungen für ein nationales Schutzraumkonzept, das von Bund und Ländern, insbesondere initiiert von Baden-Württemberg, vorangetrieben wird. Ziel ist es, den Schutz der Bevölkerung im Kriegs- und Verteidigungsfall zu erhöhen. Erste Hinweise für die Bevölkerung sollen voraussichtlich bereits in der ersten Jahreshälfte 2025 veröffentlicht werden.
Ein älteres Erbe von Schutzräumen rückt dabei wieder in den Vordergrund. Während des Kalten Krieges existierten in Baden-Württemberg 547 öffentliche Schutzräume mit über 400.000 Plätzen. Derzeit sind jedoch nur noch 220 Schutzräume vorhanden, die insgesamt rund 176.000 Plätze bieten – von denen jedoch keiner gegenwärtig nutzbar ist.
Reaktivierung und Neubau von Schutzräumen
Die Diskussion umfasst auch den Neubau und die Reaktivierung von Schutzräumen. Der Bund, so berichtet das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), plant die systematische Erfassung öffentlicher Gebäude sowie privater Immobilien wie Tiefgaragen und U-Bahnhöfe, um diese als potenzielle Zufluchtsorte zu deklarieren. Ein digitales Verzeichnis soll Bürger darüber informieren, wo sich die nächstgelegenen Schutzorte befinden.
Aktuell gibt es in Deutschland 579 öffentliche Schutzräume mit insgesamt 477.593 Schutzplätzen, jedoch sind diese nur eingeschränkt nutzbar. Diese Schutzräume wurden vor allem in den Zeiten des Zweiten Weltkriegs bis in die 1980er Jahre als Luftschutzanlagen errichtet. Ein Großteil befindet sich im Privateigentum sowie im Eigentum von Städten und Gemeinden. Der Bund hat meist nur ein vertragliches Nutzungsrecht an diesen Objekten.
Historische Perspektive und zukünftige Herausforderungen
Die Thematik ist nicht neu, weckt jedoch durch aktuelle Konflikte und Bedrohungen neues Interesse. Nach den Terroranschlägen im Jahr 2001 und dem Elbehochwasser 2002 wurde der deutsche Zivilschutz auf moderne Bedrohungsszenarien umgestellt. Das BBK hebt hervor, dass eine Bestandsaufnahme aller öffentlich gewidmeten Schutzräume bereits 2023 abgeschlossen wurde. Der Bericht der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zeigt auf, dass eine Reaktivierung der Schutzräume grundsätzlich möglich ist, allerdings sind die benötigten Zeit- und Kostenaufwendungen stark vom gewünschten Schutzniveau abhängig.
Ungeachtet der Herausforderungen in der implementierten Infrastruktur zeigt sich ein klarer politischer Wille, die zivile Verteidigung in Deutschland zu stärken und auf aktuelle Bedrohungen zu reagieren. Die bevorstehenden Informationen und Aktionen könnten somit entscheidend dafür sein, wie gut die Bevölkerung auf zukünftige Krisen vorbereitet ist.