In Nordrhein-Westfalen steht die Karnevalszeit vor der Tür, und während viele Menschen dem bunten Treiben entgegenfiebern, suchen andere nach Zuflucht vor dem närrischen Spektakel. Ein beliebtes Ziel für Karnevalsflüchtlinge ist die westfälische Stadt Soest, die 2025 aktiv Werbung in eigener Sache macht. Die Stadt bietet ein Programm ohne jegliche Karnevalsfeierlichkeiten und richtet ihr Augenmerk auf die „fünfte Jahreszeit“, die traditionell im November zur Allerheiligenkirmes gefeiert wird. Ein besonderes Highlight ist eine Stadtführung, die sich kritisch mit den historischen Gründen für die Skepsis gegenüber dem Karneval auseinandersetzt.
Die Stadt Soest, historisch geprägte Kulisse, weist zudem darauf hin, dass sie bereit ist, Einheimische aus Köln zu empfangen, trotz der langjährigen Konflikte zwischen beiden Städten, bekannt als die Soester Fehde, die zwischen 1444 und 1449 stattfand. Diese Fehde war geprägt von Soests Bestrebungen, sich von den Erzbischöfen von Köln zu emanzipieren und führte letztlich zu einer Verbesserung der städtischen Autonomie, die bis zur Annexion durch Preußen Bestand hatte.
Aktivitäten für Ruhe suchende Bürger
Die Umgebung des Sauerlands wird ebenfalls von vielen Karnevalsflüchtlingen als Rückzugsort geschätzt. Hier stehen Wintersport und Outdoor-Aktivitäten hoch im Kurs, wobei zahlreiche Unterkünfte bereits ausgebucht sind. Ehemalige Versuche, Karnevalselemente in die Wintersportangebote zu integrieren, blieben jedoch weitestgehend erfolglos. Für diejenigen, die es ruhiger mögen, bieten Klöster während der Karnevalszeit besinnliche Angebote. Das Kloster Vinnenberg lädt beispielsweise vom Altweiberabend bis Rosenmontag zur Stille und Kontemplation ein.
Wellnessoasen und Saunalandschaften in Städten wie Köln, Düsseldorf und Aachen ziehen ebenfalls Ruhesuchende an. Das Neptunbad in Köln hebt beispielsweise hervor, dass es sich um eine karnevalsfreie Zone handelt, in der der Fokus auf Gesundheit und Entspannung liegt. Insbesondere an Altweiber- und Rosenmontag sind die Wellnessangebote hochfrequentiert, da viele Mitarbeiter des Karnevals während dieser Zeit nicht im Dienst sind.
Karneval und seine Auswirkungen in Münster
Auch in Münster, das im Volksmund als „Hochburg“ für Karneval gilt, wird die Veranstaltung kritisch betrachtet. Trotz eines Rosenmontagszugs, der über 100.000 Besucher anzieht, wird die allgemeine Zufriedenheit mit den Karnevalsveranstaltungen in der Stadt weniger positiv bewertet. Während der Umzug einen hohen Bekanntheitsgrad hat, könnten viele Besucher eine fehlende Besonderheit des münsterschen Karnevals im Vergleich zu anderen Städten anprangern. Traditionen und kleinere Bräuche verleihen dem Karneval in Münster einen eigenen Charakter, wenngleich der Einfluss von Alkohol und die Auswirkungen von Verschmutzungen auf das Stadtimage ebenfalls diskutiert werden.
Positive Aspekte des münsterschen Karnevals sind eine gute Stimmung und das Zusammensein von Menschen verschiedener Generationen und Herkunft. Diese sozialen Verbindungen werden oft als Vorteil der Festlichkeiten bezeichnet. Denn trotz der kritischen Stimmen gibt es eine feste Gemeinschaft, die sich durch das Feiern und Kostümieren miteinander verbindet. Dieses Zusammensein hat nicht nur Einfluss auf die kollektive Identität der Münsteraner, sondern zieht auch viele Besucher an, die das fröhliche Miteinander erleben möchten, auch wenn nicht alle mit den negativen Begleiterscheinungen einverstanden sind.
Insgesamt zeigt sich, dass die westfälische Region vielseitige Möglichkeiten für Karnevalsflüchtlinge bietet, während der Karneval selbst in Städten wie Münster ambivalente Gefühle hervorruft. Die Hoffnung auf Ruhe und Besinnung findet in einer Zeit, die von Feiern und Umzügen geprägt ist, ganz spezielle Rückzugsorte.