Kateryna Matsiuk, 32 Jahre alt, ist eine der vielen Geflüchteten, die aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 nach Deutschland kam. Matsiuk, die zuvor als Lehrerin in ihrer Heimat arbeitete, lebt mittlerweile mit ihrer Familie im Kreis Rendsburg-Eckernförde. Ihr Wunsch, wieder mit Kindern zu arbeiten, wird durch den besorgniserregenden Fachkräftemangel in Deutschland erschwert. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) wird der deutsche Arbeitsmarkt in den nächsten zwölf Jahren rund 20 Millionen Beschäftigte verlieren, während nur 12,5 Millionen Nachwuchskräfte nachkommen werden. In Berufen wie Erzieherin und Lehrerin sind die Herausforderungen besonders hoch.
Um diesen fehlenden Fachkräften entgegenzuwirken, könnten Flüchtlinge wie Matsiuk eine wertvolle Unterstützung bieten. Jedoch stehen sie oft vor bürokratischen Hürden und benötigen mehrheitlich Sprachkenntnisse sowie einen Integrationskurs. Diese Kurse sind für dauerhaft in Deutschland lebende Menschen obligatorisch, wobei die Bestimmungen je nach Herkunftsland variieren. Ukrainische Geflüchtete haben dabei den Vorteil, leichter Zugang zu Integrationsmaßnahmen zu erhalten im Vergleich zu Asylsuchenden aus anderen Ländern, die oft jahrelang auf ihre Aufenthaltstitel warten müssen.
Integration durch Förderprojekte
Das Projekt „Anker auf!“, das 2023 ins Leben gerufen wurde, zielt darauf ab, Geflüchteten in Eckernförde zu helfen, sich erfolgreich zu integrieren und den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Unter der Leitung von Lena Cordes und drei weiteren Mitarbeiterinnen betreut das Projekt zurzeit 55 Menschen. Die Finanzierung ist für ein weiteres Jahr gesichert, jedoch äußert Cordes Bedenken in Bezug auf mögliche Streichungen von Leistungen und deren negative Auswirkungen auf die Integration.
Reinhard Wegner, der Leiter der Lebenswerft in Eckernförde, kritisiert zudem die gesellschaftliche Haltung gegenüber Geflüchteten und deren Integration. Kateryna Matsiuk hat bereits erste Schritte in den deutschen Arbeitsmarkt unternommen, indem sie als Kellnerin und Reinigungskraft gearbeitet hat. Trotz dieser Bemühungen sieht sie keinen Weg zurück in ihr Heimatland, da ihre Stadt besetzt ist und ihre Familie in Deutschland lebt.
Fachkräftemangel und Zuwanderung
Der Fachkräftemangel in Deutschland betrifft nicht nur Lehrkräfte, sondern auch zahlreiche andere Berufsfelder. Eine Studie von bpb hebt hervor, dass die Zuwanderung aus dem Ausland als notwendig erachtet wird, um die Lücken zu füllen. Im Jahr 2022 kamen rund 73.000 Drittstaatsangehörige nach Deutschland, um hier zu arbeiten. Dabei ist die Zuwanderung aus neuen EU-Mitgliedstaaten und Drittstaaten gestiegen, was durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz von 2023 begünstigt wurde.
Trotz der Erleichterungen durch dieses Gesetz haben viele Flüchtlinge, insbesondere aus der Ukraine, Schwierigkeiten, eine angemessene Arbeitsstelle zu finden, selbst wenn sie hochqualifiziert sind. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, müssen bürokratische Hürden abgebaut und die Rahmenbedingungen für eine schnelle Integration verbessert werden. Das Chancenaufenthaltsgesetz gibt langjährig in Deutschland lebenden Asylbewerbern zudem die Möglichkeit, einen Rechtsstatus für 18 Monate zu beantragen, was ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöht.
Die Bundesregierung verfolgt eine Fachkräftestrategie, die sowohl die Stärkung inländischer Fachkräfte als auch die gezielte Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften aus EU- und Drittstaaten umfasst. Das Ziel ist es, der zunehmenden Fachkräfteengpass-Situation entgegenzuwirken. Analysen zeigen, dass die Integration von Migranten jedoch auch weiterhin durch sprachliche Schwierigkeiten und bürokratische Hindernisse erschwert wird, was langfristig die Attraktivität des deutschen Arbeitsmarktes gefährden könnte, insbesondere im Bereich der Gesundheits- und Pflegeberufe.