Im Herbst 2024 erlebte die Stadtbibliothek Schwenningen einen schockierenden Vorfall, als mehrere Bücher über Sexualität und Geschlechteridentitäten von Unbekannten zerrissen wurden. Volker Fritz, der Leiter der Stadtbibliotheken Villingen-Schwenningen, äußerte, dass dies das erste Mal in seiner Karriere sei, dass Literatur aus ideologischen Gründen zerstört wurde. Die zerrissenen Bücher wurden teilweise unter Regalen versteckt gefunden, was die Ernsthaftigkeit des Angriffs auf die Bibliothek und ihre Werte verdeutlicht.

In Reaktion auf den Vorfall stellte das Bibliotheksteam Strafanzeige, obwohl die Täter bislang nicht ermittelt werden konnten. Über die beschädigten Medien hinaus hat die Bibliothek zahlreiche Bücherspenden erhalten. Inzwischen gibt es bis Februar 2025 mehr Ausleihmedien zu LGBTQ+-Themen in den Bibliotheken als zuvor, was einen positiven Trend für die Sichtbarkeit dieser Themen darstellt.

Neue Kategorie für LGBTQ+-Literatur

Um die Vielfalt an Literatur über Geschlechteridentitäten und sexuelle Orientierung angemessen zu präsentieren, hat die Stadtbibliothek eine neue Kategorie mit dem Titel „Gesellschaft/Gruppen/LGBTQ+“ eingeführt. Aktuell sind darin 24 Bücher verfügbar, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Trotz dieser positiven Entwicklung äußern einige Eltern und Jugendliche Bedenken hinsichtlich einer möglichen Stigmatisierung durch die neue Kategorisierung.

In der Region zeigen andere Stadtbibliotheken unterschiedliche Ansätze zur Präsentation von LGBTQ+-Literatur. Die Stadtbibliothek St. Georgen beispielsweise bietet ein breites Angebot an queerer Literatur ohne spezielle Kategorisierung an. Im Gegensatz dazu plant die Stadtbibliothek Donaueschingen, LGBTQ+-Medien in einem separaten Regal aufzustellen. Die Stadtbibliothek Bad Dürrheim hingegen hat eine kleine Sammlung zu Gender und LGBTQIA+, die jedoch nicht separat einsortiert ist.

Unterstützung für die LGBTQ+-Gemeinschaft

Verbündete, auch bekannt als Allies, spielen eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der queeren Gemeinschaft. Sie fördern Vielfalt und Akzeptanz und setzen sich aktiv gegen Diskriminierung ein, wodurch sie dazu beitragen, die Sichtbarkeit von LGBTQ+-Themen zu erhöhen. Laut dgti.org ist die Unterstützung durch Allies entscheidend, um ein inklusives Umfeld zu schaffen und Vorurteile abzubauen.

Inklusive Schulen und akzeptierende Familien sind eine wichtige Basis für die psychische Gesundheit junger LGBTQ+-Menschen. Statistiken zeigen, dass das Suizidrisiko ohne Unterstützung bis zu sechsmal höher sein kann. Allies wirken auf struktureller Ebene, indem sie sich für diskriminierungsfreie Arbeitsplätze und eine inklusive Bildung einsetzen. Durch alltägliche Handlungen wie das Verwenden korrekter Pronomen tragen sie zur Schaffung eines anerkannten Umfelds bei.

Themen in Bibliotheken und Soziokultur

Die Einbeziehung von LGBTQ+-Themen in Bibliotheken ist nicht nur ein notwendiger Schritt zur Förderung der Vielfalt, sondern auch ein bedeutendes gesellschaftliches Anliegen. Handlungsempfehlungen zur queerfreundlichen Gestaltung von Bibliotheken und soziokulturellen Einrichtungen zeigen, wie wichtig es ist, solche Themen angemessen zu integrieren. Weitere Informationen dazu sind in einem Dokument der lv-soziokultur-mv.de zu finden.

Trotz der jüngsten Herausforderungen bleibt die Stadtbibliothek Schwenningen bestrebt, ein offenes Haus für alle zu sein und die kulturelle Vielfalt durch Literatur zu fördern.