Am Freitag, dem 14. Februar 2025, herrschten im Flüchtlingslager Far’a im besetzten Westjordanland chaotische Zustände, als israelische Soldaten brutal in die Häuser der Bewohner eindrangen. Ununterbrochener Regen und starke Winde begleiteten die Szenen, während Türen gewaltsam aufgebrochen und unbewaffnete Zivilisten in die Straßen gedrängt wurden. Während einer acht Tage andauernden Belagerung rollten Dutzende Militärfahrzeuge und Bulldozer zum Eingang des Lagers, wo Hunderte israelische Soldaten die engen Gassen durchsuchten und Befehle in Hebräisch über Lautsprecher ertönten.
Die Operation, bekannt als „Operation Iron Wall“, begann am 21. Januar 2025 und gilt als die längste militärische Operation im Westjordanland seit der zweiten Intifada. Sie startete im Jenin-Camp und erstreckte sich auf die Camps in Tulkarm, Nur Shams und El Far’a. Diese Operation führte zur Vertreibung von mehr als 40.000 Palästinensern, wobei UN-Daten die Anzahl der Vertriebenen seit Beginn der Operation auf 40.000 beziffern. Dies steht im Kontext einer sich seit Mitte 2023 zuspitzenden humanitären Krise, die durch großangelegte militärische Einsätze der israelischen Streitkräfte verursacht wird.
Humanitäre Krise im Westjordanland
Durch die Belagerung von Far’a wurde die gesamte Infrastruktur des Lagers lahmgelegt, die Ein- und Ausgänge versiegelt und die Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser und Strom unterbrochen. Das einst lebendige Flüchtlingslager hat sich in eine Geisterstadt verwandelt, gekennzeichnet durch zerstörte Häuser und überflutete Straßen. Rettungsdienste wurden abgewiesen und Journalisten hatten keinen Zugang, um die Geschehnisse zu dokumentieren. Diese katastrophalen Zustände stehen im Einklang mit Berichten von UNRWA, die von Tausenden von Familien berichten, die seit dem letzten Jahr aufgrund der Operationen vertrieben wurden.
Essam Awad, ein 55-jähriger Bewohner des Lagers, beobachtete die Razzia aus seinem Zuhause. Er verlor vor einem Jahr seinen Sohn Muhammad, der von israelischen Soldaten erschossen wurde. Trotz der Trauma und des enormen Verlustes bleibt Awad hoffnungsvoll und versucht, Erinnerungen an glücklichere Zeiten in seinem Haus zu bewahren. Erinnerungen an Familienfeiern und besondere Momente überwiegen, auch wenn die Realität jetzt geprägt ist von Zwangsräumungen und brutalen militärischen Übergriffen.
Der rechtliche Kontext und die Vertreibung von Flüchtlingen
Der Flüchtlingsstatus von Palästinensern geht auf die Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 zurück, als etwa 700.000 Araber flohen oder vertrieben wurden. UNRWA wurde gegründet, um diese palästinensischen Flüchtlinge zu unterstützen, und unterhält weltweit 58 Flüchtlingslager, einschließlich im Westjordanland. Aktuell sind etwa 5,9 Millionen Palästinenser bei der UN als Flüchtlinge registriert. Während Staaten wie Jordanien und Ägypten die Aufnahme weiterer palästinensischer Flüchtlinge abgelehnt haben, verfolgt die Arabische Liga seit 1965 die Politik, die Staatsangehörigkeit nicht zu verleihen, um das „Recht auf Rückkehr“ zu bewahren.
Die UN hat nachdrücklich darauf hingewiesen, dass Zivilisten und zivile Infrastruktur jederzeit geschützt werden müssen, und lehnte kollektive Strafen ab. In diesem Zusammenhang wurde die Situation im nördlichen Westjordanland, insbesondere in Camps wie Jenin und Tulkarm, als unhaltbar bezeichnet. Die israelischen Streitkräfte setzen zunehmend Luftangriffe und gepanzerte Bulldozer ein, welche die humanitäre Krise weiter verschärfen. Laut UN-Angaben sind bereits seit Beginn der aktuellen Operation mindestens 40 Menschen ums Leben gekommen und die humanitäre Lage hat sich dramatisch verschlechtert.
Die Verantwortung für die fortdauernde Krise liegt in der mutmaßlichen Zwangsvertreibung und dem unzureichenden Zugang zu humanitärer Hilfe, während UNRWA weiterhin versucht, die betroffenen Palästinenser zu unterstützen. Unterstützungsmaßnahmen des World Food Programmes haben lediglich einen Teil der bedürftigen Haushalte erreicht, und der Großteil der Palästinenser lebt in ständiger Unsicherheit.