Die See-Apotheke in Immenstaad ist nicht nur ein zentraler Anlaufpunkt für Einheimische, sondern auch für zahlreiche Urlaubsgäste. Apothekerin Irmgard Levenhagen, die die Apotheke seit 2013 leitet, kämpft jedoch seit mehreren Monaten darum, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Trotz ihrer Bemühungen, die Gemeinde um Unterstützung zu bitten und potenzielle Nachfolger persönlich anzusprechen, war sie bisher erfolglos. Levenhagen, die bereits seit rund 20 Jahren in der See-Apotheke tätig ist, möchte kürzertreten, hat jedoch das Rentenalter noch nicht erreicht.
Die Herausforderungen für Levenhagen sind enorm. Eine langjährige Mitarbeiterin ist in den Ruhestand gegangen, und die Nachfolgersuche gestaltet sich schwierig. Der Personalmangel hat sich in den letzten Jahren deutlich verschärft, sodass Levenhagen nun als einzige Apothekerin im Team arbeitet. Während der Öffnungszeiten muss sie durchgehend anwesend sein und leistet Notdienste, die auch Nachtschichten und Wochenendarbeit beinhalten.
Wachsende Schwierigkeiten und eine ungewisse Zukunft
Der Arbeitsalltag wird durch zunehmende Bürokratie und die Digitalisierung komplizierter. Levenhagen beobachtet zudem eine Veränderung im Kundenverhalten: Viele ihrer Kunden erscheinen zunehmend fordernd und rücksichtslos. Trotz dieser Widrigkeiten ist die See-Apotheke wirtschaftlich attraktiv und schreibt schwarze Zahlen, was sich unter anderem durch zahlreiche Stammkunden und den guten Standort in der Nähe von Arztpraxen sowie dem Bodensee zeigt.
Die Zukunft der Apotheke bleibt allerdings ungewiss. Das deutschlandweite Schließen von Apotheken ist ein besorgniserregendes Phänomen. Laut den aktuellen IQVIA-Daten haben im Jahr 2023 fast 500 Apotheken in Deutschland geschlossen. Dies ist die Gesamtzahl aller Apotheken in Thüringen zum Ende des vorherigen Jahres. Besonders betroffen sind ländliche Regionen, wo die Apothekendichte stark mit der Bevölkerungsdichte korreliert. Über zwei Millionen Menschen in Deutschland müssen mittlerweile längere Wege zur nächstgelegenen Apotheke in Kauf nehmen, da die Apothekenzahl kontinuierlich abnimmt.
Der Druck auf die Apotheken steigt
Die ABDA, die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, warnt, dass jeder vierten Apotheke in Deutschland das Aus droht, wenn keine Reformen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen erfolgen. Aktuell gibt es in Deutschland nur noch 17.571 Apotheken, ein neuer Tiefstand. Zudem ist die Vergütung, die Apotheken für ihre Dienstleistungen erhalten, in den letzten Jahren kaum gestiegen, während die Betriebskosten weiter ansteigen. Viele Apotheker wandern in die Industrie oder in Krankenhäuser ab, was den Fachkräftemangel im Apothekenbereich weiter verschärft.
In jüngerer Zeit haben viele Apotheker bundesweit mit roten Kitteln gegen die Krise protestiert, um auf die prekäre Situation aufmerksam zu machen. Diese Proteste unter dem Slogan „Wir sehen rot“ standen eins zu eins im Zeichen der dringenden Forderung nach einem Soforthilfeprogramm für Apotheken und nach einer Erhöhung der Vergütung per Packung von 8,35 Euro auf 12 Euro.
Levenhagen ist besorgt über die Herausforderungen, die mit dem zunehmenden Apothekensterben einhergehen, und hofft, bald einen geeigneten Nacherbe zu finden. Ihre Apotheke feiert im kommenden Jahr ihr 60-jähriges Bestehen, was die emotionale Verbindung zur Stelle noch verstärkt. Ein treuer Kunde, Jürgen Rietschell, drückte seine Hoffnung aus, weiterhin auf die fachkundige Beratung in der See-Apotheke zählen zu können.
Mit der Schließung zahlreicher Apotheken und dem anhaltenden Fachkräftemangel könnte sich der Zugang zur Arzneimittelversorgung für die Bevölkerung in den kommenden Jahren gravierend verändern. Die Spannungen und Herausforderungen, vor denen Apotheker wie Levenhagen stehen, sind symptomatisch für eine Branche, die Reformen dringend benötigt, um Bestand zu haben.