Herbert Grönemeyer hat sich zur gesellschaftlichen Lage nach der Corona-Pandemie geäußert und beschrieben, dass die Gesellschaft posttraumatisch belastet sei. In einem Interview wies er darauf hin, dass reaktionäre Kräfte die aktuelle Situation ausnutzen und mit Hetze sowie Menschenfeindlichkeit agieren. Dies geschieht in einem Kontext, in dem die nationalen Wahlen nahten und die Werte einer humanistischen Gesellschaft verteidigt werden müssen. Grönemeyer betont die dringende Notwendigkeit, zentrale Themen wie Umverteilung, bezahlbaren Wohnraum, das Klima, Gesundheit und eine humane Migrationspolitik zu adressieren, insbesondere während des Bundestagswahlkampfs. Zudem hat er kürzlich mit der Band Silbermond an einer Neuaufnahme des Songs „Mein Osten“ gearbeitet, der einem kritischen Blick auf die Heimat gewidmet ist und in der Akustikballade das Auseinanderdriften der Gesellschaft thematisiert, was in der aktuellen Zeit besonders relevant erscheint.

Der ursprüngliche Song wurde 2019 veröffentlicht und entstand nach rassistisch motivierten Gewalttaten in Chemnitz. Silbermond-Gitarrist Thomas Stolle sprach bei einer Veranstaltung über die wacklige Welt, in der Populisten an Einfluss gewinnen. Die beiden Künstler traten in den Jahren 2023 und 2024 gemeinsam in Hamburg und Dresden auf, was zur Idee der Zusammenarbeit für den neuen Song führte. Diese Ereignisse verdeutlichen, wie Künstler versuchen, aktiv in den öffentlichen Diskurs einzugreifen und auf soziale Fragestellungen aufmerksam zu machen.

Die Herausforderung der Zuversicht

In seinen weiteren Äußerungen thematisiert Grönemeyer auch das Konzept der Zuversicht, die angesichts aktueller Krisen wie Konflikten und Klimaerwärmung oft als hohl wahrgenommen wird. In seinem neuen Buch beschreibt er, dass es nicht ausreiche, allein die Aufforderung zur Zuversicht auszusprechen. Er kritisiert, dass viele Menschen mit angstmachenden Situationen umgehen, indem sie sich einfach „totstellen“. Diese Haltung ist besonders ausgeprägt in der Generation seiner Eltern, die über die Kriegsfolgen schwieg, in einer Zeit, in der jedoch maximale Zuversicht notwendig war. Grönemeyer hebt hervor, dass diese Form der unreflektierten Zuversicht schädlich sein kann und schlussfolgert, dass es auf die Dosis der Zuversicht ankommt, um die Menschen ganzheitlich mitzunehmen.

Die Rolle der Gesellschaft

Sozialforscher Klaus Hurrelmann unterstützt diese Sichtweise, indem er betont, dass die Deutsche Gesellschaft gegenwärtig traumatisiert ist. Er stellt fest, dass die Menschen dringend Ruhe und Halt brauchen, während sie mit Herausforderungen wie Klimawandel, inflationären Tendenzen und möglichen Fluchtbewegungen konfrontiert sind. Diese Krisen überfordern viele, weshalb es eine Zunahme von Verschwörungserzählungen gibt, die als Unterstützung und Entlastung fungieren. Beispiele wie die Annahme, dass die CIA das Coronavirus erfunden hat oder dass der Klimawandel nicht menschengemacht sei, verdeutlichen, wie schwer es vielen fällt, die aktuelle Situation zu verstehen. Hurrelmann fordert daher eine „ermutigende und ermächtigende Politik“, um den Menschen ein Gefühl von Machbarkeit, Verstehbarkeit und Sinnhaftigkeit zu verleihen, was auch Bundeskanzler Scholz in seinen politischen Ansätzen berücksichtigen sollte.