In Berlin wird ein neues Beratungsprojekt für Mieter ins Leben gerufen, die aufgrund von Eigenbedarfskündigungen bedroht sind. Dieses besorgt sich in den Bezirken Pankow, Mitte, Neukölln sowie Friedrichshain-Kreuzberg Unterstützung durch den Berliner Mieterverein. Sebastian Bartels, Geschäftsführer des Mietervereins, hebt hervor, dass es in der Hauptstadt zu einer Schätzung von jährlich 4.000 bis 6.000 Kündigungen kommt, von denen viele nicht erfasst sind. Zudem wurden im Jahr 2023 etwa 2.000 Klagen eingereicht, die nicht auf Zahlungsprobleme zurückzuführen sind. Ein wachsendes Problem stellt die Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen dar, die oft zur Kündigung von Mietverhältnissen führt.
Die Mieter sollen in dem neuen Projekt mit dem Titel „Wohnungsnot stoppen – gegen Eigenbedarf und Umwandlung“ umfassend informiert und beraten werden. Ziel ist es, insbesondere über die Eigenbedarfskündigungen aufzuklären und die Mieter in Mieterversammlungen zu stärken. Bartels betont, dass Mieter jetzt aktiv gegen Eigenbedarfskündigungen vorgehen sollten und die Möglichkeit haben, rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Die Gerichte haben die Prüfung der Eigenbedarfskündigungen in letzter Zeit strenger gestaltet, was den Mietern zugutekommen kann.
Regelungen zur Eigenbedarfskündigung
Nach den aktuellen Regelungen muss der Vermieter für eine Eigenbedarfskündigung zwei Bedingungen erfüllen: Es muss ein konkreter Anlass vorliegen und dieser muss eine privilegierte Bedarfsperson betreffen. Mögliche Anlässe können geänderte familiäre Verhältnisse, Platzbedarf für eine Pflegekraft oder ein Arbeitsplatz in der Nähe sein. Privilegierte Bedarfspersonen sind unter anderem der Eigentümer selbst, Lebenspartner, Kinder oder Eltern, wobei andere Verwandte nur in Ausnahmen gelten.
Die Kündigungsfrist beträgt in der Regel drei Monate, kann jedoch nach fünf und acht Jahren Mietdauer jeweils um zwei Monate verlängert werden. Bei einem Kauf tritt der neue Eigentümer in den Mietvertrag ein und kann erst nach der Eintragung im Grundbuch kündigen. Eine vorzeitige Kündigung durch den alten Vermieter ist nicht möglich.
Kündigungssperrfrist und ihre Bedeutung
In Berlin gilt eine Kündigungssperrfrist von zehn Jahren bei der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen. Diese Regelung schützt die Mieter, indem sie die Kündigung für diesen Zeitraum ausschließt. Diese Sperrfrist greift auch für Käufer von bereits vermieteten Eigentumswohnungen, die unter bestimmten Voraussetzungen selbst betroffen sind. Das Landgericht Berlin hat festgestellt, dass die zehnjährige Kündigungsfrist auch für die Erwerber gilt, die vor Einführung dieser Regelungen ins Grundbuch eingetragen wurden, was die Rechte der Mieter weiter stärkt.
Im Rahmen dieser Regelungen haben Mieter die Möglichkeit, gegen eine Eigenbedarfskündigung Widerspruch einzulegen. Dies muss mindestens zwei Monate vor dem im Kündigungsschreiben angegebenen Ende des Mietverhältnisses geschehen. Bei formellen Fehlern oder unzureichender Begründung des Eigenbedarfs besteht grundsätzlich eine hohe Erfolgsaussicht. Sollten die Gründe für die Kündigung wegfallen, haben die Mieter das Recht, den Vertrag fortzuführen oder Schadensersatz zu fordern, wenn der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war. Die lange Dauer von Räumungsklagen und das damit verbundene Risiko für Vermieter können Mieter in einer starken Position behalten.
Das Beratungsprojekt zielt darauf ab, nachdrücklich darauf aufmerksam zu machen, dass Mieter sich rechtlich gegen Kündigungen zur Wehr setzen können. In Zeiten steigender Mietpreise und angespannter Wohnlagen in Berlin ist es entscheidend, dass sich Mieter ihrer Rechte bewusst sind und diese auch aktiv verteidigen.