In Deutschland stehen die Apotheken vor einer gravierenden Krise. Ingrid Kaiser, Apothekensprecherin in Freising, äußert Besorgnis über den dramatischen Rückgang: Ende 2024 existierten nur noch 17.041 Apotheken, was einen Rückgang um 530 im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Auch die Zahl der neu eröffneten Apotheken istalarmierend gesunken, von 68 im Jahr 2022 auf lediglich 48 im Jahr 2023. Im Landkreis Freising haben sich die Zahlen in den letzten Jahren drastisch verändert; 2014 waren es noch 37 Apotheken, heute sind es nur noch 27, von denen zehn in der Stadt Freising angesiedelt sind.
Laut Kaiser ist die Versorgung in der Stadt Freising zwar noch akzeptabel, doch auf dem Land wird die Situation zunehmend problematisch. Die Hauptgründe für diesen Rückgang sind vielschichtig: Ein Mangel an Nachfolgern, hohe Arbeitsbelastung, lange Öffnungszeiten und steigende Bürokratie führen zu einem gewaltigen Druck auf Apotheker. Die aktuelle Gesundheitspolitik trägt ebenfalls zur Verunsicherung bei, da sie Einkommenssenkungen und zusätzliche Auflagen zur Folge hat. Dies wird durch sinkende Einnahmen, insbesondere durch hohe Abschläge auf verschreibungspflichtige Medikamente an Krankenkassen, verschärft. Ein gesetzlicher Festzuschlag für Apotheken wurde zudem seit Jahren nicht erhöht.
Der Fachkräftemangel und die Nachfolgeproblematik
Die Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Personal sind ebenfalls nicht zu übersehen. Junge Apotheker entscheiden sich zunehmend für Karrieren in der Industrie, wo sie eine bessere Work-Life-Balance erwarten können. Ein Beispiel ist Wolfgang Reiter, der seine Schloss-Apotheke in Markt Schwaben verkauft hat, nachdem er vergeblich nach einem Nachfolger gesucht hatte. Annegret Köhler, die seit 1983 eine Apotheke in Thüringen leitete, sah sich 2022 gezwungen, ihre Apotheke zu schließen, da sie trotz intensiver Nachfolgesuche niemanden finden konnte. Im Umland von Erfurt gibt es aktuell über 50 offene Stellen für Apotheker, während die Nachfrage nach Nachwuchs am Studienstandort Jena besonders hoch ist.
Am 1. Februar 2025 berichtete die ABDA über 384 Schließungen von Apotheken seit Jahresbeginn 2024. Dies entspricht einem Rückgang auf nur noch 17.187 Apotheken. Ein Rückgang um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das ist eine besorgniserregende Entwicklung, die sich über ein ganzes Jahrzehnt erstreckt und deren Ende bisher nicht absehbar ist.
Die digitale Transformation und neue Herausforderungen
Die Digitalisierung bringt neue Herausforderungen für die Apothekerschaft mit sich. Die Einführung des E-Rezepts und des E-Medikationsplans verlangt von den Apothekern neue Kompetenzen und erhöht den Arbeitsaufwand. Gleichzeitig fordern Apotheker mehr Flexibilität in ihren Arbeitsmodellen. Diese Themen sind besonders relevant, da der Frauenanteil in öffentlichen Apotheken bei 70 % liegt, jedoch nur 48,7 % in leitenden Positionen erreichen.
Obwohl es gute finanzielle Perspektiven bei der Übernahme einer Apotheke gibt, bleibt die hohe Arbeitsbelastung ein entscheidendes Hindernis. Über 30 % der Apothekenleitenden in Deutschland sind über 55 Jahre alt, was die Dringlichkeit einer Lösung für die Nachfolgefrage noch verstärkt. Die ABDA fordert daher mehr Ausbildungsplätze im pharmazeutischen Studium, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Die angespannte Situation um die Apotheken wird auch durch die drohende Konkurrenz von Online-Apotheken und speziellen Plänen deren Anbieter, rezeptfreie Medikamente online zu verkaufen, weiter verschärft. Die Kandidaten für Apothekenübernahmen müssen sich mit vielen Herausforderungen auseinandersetzen, von der Bürokratie bis zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Patientenversorgung. Es bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen von der politischen Seite umgesetzt werden, um dieser kritischen Entwicklung entgegenzuwirken.
Insgesamt bleibt die Lage der Apotheken in Deutschland angespannt, und es sind dringende Maßnahmen erforderlich, um eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Die ABDA und die Apothekensprecher appellieren an die politischen Entscheidungsträger, die Weichen für eine positive Wende zu stellen und eine nachhaltige Zukunft für die Apotheken zu gewährleisten.