Seit dem 1. November 2024 ist das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) in Deutschland in Kraft, das es transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen erheblich erleichtert, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen zu ändern. Ein zentrales Merkmal des neuen Gesetzes ist, dass nun eine einfache Erklärung beim Standesamt ausreicht, um eine Änderung vorzunehmen, während vorher psychologische Gutachten oder gerichtliche Beschlüsse erforderlich waren. Diese Reform ersetzt das ursprüngliche Transsexuellengesetz von 1980, das als verfassungswidrig eingestuft wurde. Laut der BMJ schätzt man, dass etwa 4.000 Anträge auf Änderung des Geschlechtseintrags pro Jahr erwartet werden, wobei die ersten Monate bereits zeigen, dass viele Menschen von dieser Regelung Gebrauch machen.

In den ersten 100 Tagen seit Inkrafttreten des SBGG haben zahlreiche Anmeldungen stattgefunden, jedoch variieren die Zahlen stark je nach Bundesland. In Sachsen-Anhalt beispielsweise ist die Zahl der Anmeldungen rückläufig, was auf mögliche Hürden bei der Umsetzung des Gesetzes hinweist. In Magdeburg wurden bislang 114 Erklärungen zur Änderung des Geschlechtseintrags abgegeben, davon sind 39 noch in der dreimonatigen Wartefrist, die nach der Anmeldung beginnt. Bei den minderjährigen Antragstellern gab es einige Schwierigkeiten, zum Teil aufgrund fehlender Zustimmung der Sorgeberechtigten.

Regionale Unterschiede und Herausforderungen

In Halle (Saale) liegen die Zahlen mit 98 abgegebenen Erklärungen etwas besser. Hier wurden 14 Anträge für „divers“ sowie neun für „ohne Geschlechtseintrag“ gestellt. Trotz der vergleichsweise hohen Anmeldungen beklagt Lex Keck vom Begegnungs- und Beratungs-Zentrum „lebensart“ in Halle, dass kleinere Standesämter oft nicht ausreichend geschult seien und es an klaren Abläufen und Formularen mangele. Das führt zu Verwirrungen und Missverständnissen, insbesondere bei der Namenswahl, und behindert somit eine umfassende Umsetzung des Gesetzes. Der Verband hat bereits Schulungen für Standesämter angeboten, jedoch bislang keine Rückmeldungen erhalten.

Die dreimonatige Wartefrist nach der Anmeldung wird von vielen als unnötig betrachtet, da sich Betroffene in der Regel bereits lange vor der Antragstellung mit ihrer Geschlechtsidentität auseinandersetzen. Außerdem wird kritisiert, dass die Rechte auf geschlechtliche Selbstbestimmung, die bereits durch das Bundesverfassungsgericht anerkannt wurden, nicht nur in die Praxis, sondern auch in die sensiblen Bereiche der Gesundheitsversorgung stärker integriert werden sollten.

Künftige Maßnahmen und finanzielle Absicherung

Die Bundesregierung hat geplant, das SBGG auch durch die vollständige Kostenübernahme für geschlechtsangleichende Behandlungen durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu unterstützen. Diese finanzielle Absicherung könnte viele Menschen ermutigen, die bislang zurückhaltend waren, sich jedoch eine gesellschaftliche Anerkennung ihrer Identität wünschen.

Mit diesen umfassenden Maßnahmen zeigt das Selbstbestimmungsgesetz, wie wichtig die rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung von transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen ist. Eine Evaluierung des Gesetzes ist in den kommenden fünf Jahren vorgesehen und soll dazu beitragen, den rechtlichen Rahmen weiter zu verbessern und den Herausforderungen der Umsetzung gerecht zu werden. Weitere Informationen finden Interessierte auch auf den Seiten des BMFSFJ.