Am 4. Februar 2025 wird der Tag der bedrohten Anwält:innen gefeiert, ein jährliches Ereignis, das an das „Blutbad von Atocha“ am 24. Januar 1977 in Madrid erinnert, bei dem vier Anwälte und ein Mitarbeiter ermordet wurden. In diesem Jahr konzentriert sich der Fokus auf die kritische Situation der Anwält:innen in Belarus, während im letzten Jahr der Iran im Mittelpunkt stand. Ein Bericht der Arbeitsgruppe „Coalition of the Day of the Endangered Lawyer“ beleuchtet die prekäre Lage der Anwält:innen im Iran und hebt drei zentrale Problembereiche hervor.
Die erste Herausforderung betrifft die Einschränkung der Unabhängigkeit der Anwaltschaft und der Rechte iranischer Bürger:innen. Beschuldigte in schweren Fällen, einschließlich solcher, die mit der Todesstrafe drohen, dürfen ihre Anwält:innen nicht frei wählen, sondern müssen von einer regimetreuen Liste wählen. Oft verweigern Richter an Revolutionsgerichten den Zugang zu einem Rechtsbeistand während der Ermittlungsphase, und Anwält:innen haben häufig keinen Zugriff auf die Akten ihrer Mandant:innen, unter dem Vorwand der Vertraulichkeit.
Die Justiz im Iran
Ein weiteres gravierendes Problem ist die mangelnde Unabhängigkeit der Justiz. Richter werden aufgrund ihrer politischen Loyalität ernannt und müssen ihre Unterstützung für das Regime öffentlich bekunden. Frauen wurden nach der Islamischen Revolution 1979 aus Richterämtern entfernt und dürfen nur unter sehr restriktiven Bedingungen tätig sein. Der „Oberste Führer“ hat die Kontrolle über sämtliche Staatsgewalten und ernennt den Leiter der Justiz, der gleichzeitig der höchste Richter des Obersten Gerichtshofs ist.
Zusätzlich leiden Anwält:innen unter Schikane, Einschüchterung und Inhaftierung. Behörden nutzen vage Straftatbestände wie „Propaganda gegen den Staat“, um Anwält:innen einzuschüchtern. Die Verhaftungen erfolgen häufig willkürlich, und besonders Anwält:innen, die Demonstrierende und Menschenrechtsverteidiger:innen vertreten, sind gefährdet. Zwischen dem 16. September 2022 und dem 10. Januar 2023 wurden 44 Anwält:innen verhaftet, und die Gesamtzahl der Inhaftierten bleibt aufgrund mangelnder Transparenz unbekannt. Ein prominenter Fall betrifft Amirsalar Davoudi, der wegen seiner Aktivitäten mit 15 Jahren Haft und 111 Peitschenhieben bestraft wurde.
Menschenrechtslage im Iran
Die Menschenrechtslage im Iran bleibt katastrophal. Laut einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Hengaw wurden im Jahr 2023 insgesamt 823 Gefangene hingerichtet, und es gab 333 tödliche oder verletzte Fälle von Kolbars, den Warenträgers der Region. Zudem starben 34 Häftlinge in Gefängnissen, und 2.342 Personen wurden mit überprüften Identitäten festgenommen. Unter diesen sind 21 politische Aktivisten und Protestierende, die Todesurteile erhalten haben.
Am 23. Januar verabschiedete das Europäische Parlament eine Entschließung gegen die Menschenrechtsverletzungen im Iran, die den zunehmenden Einsatz von Hinrichtungen und die sogenannte „Geiseldiplomatie“ des Regimes anprangert. Die Entschließung wurde mit 556 Stimmen angenommen und fordert unter anderem die sofortige Freilassung von Menschenrechtsverteidigern sowie eine umfassende Einsichtnahme in die Zwangsmaßnahmen gegen politische Gefangene.
Forderungen der internationalen Gemeinschaft
Abgeordnete im Europäischen Parlament haben sich klar positioniert. Sie fordern die Einstufung der Islamischen Revolutionsgarde als terroristische Organisation und eine Ausweitung der EU-Sanktionen auf Verantwortliche für Menschenrechtsverletzungen wie Ali Khamenei. Eine Erhöhung der finanziellen Unterstützung für die iranische Zivilgesellschaft ist ebenfalls gefordert, um die Menschenrechte und den Kampf für Demokratie im Iran zu unterstützen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Situation der Anwält:innen im Iran und die allgemein alarmierenden Menschenrechtsverletzungen dringenden Handlungsbedarf von Seiten der internationalen Gemeinschaft erfordern. Die anhaltende Isolation und Repression stärken den Appell nach Freiheit und demokratischen Grundrechten für das iranische Volk.
Weitere Informationen finden Sie in den Berichten von law-school.de, hengaw.net und ncr-iran.org.