Ärzte in Deutschland sehen sich einer Debatte um die lange Wartezeiten für Facharzttermine gegenüber, die besonders gesetzlich Versicherte betreffen. Eine Befragung des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) zeigt, dass 31% der Befragten länger als 21 Tage auf einen Termin warten mussten. Bei 25% lagen die Wartezeiten zwischen 8 und 21 Tagen. Im Gegensatz dazu konnten 45% der Befragten innerhalb einer Woche einen Termin erhalten. Diese Ergebnisse wurden im Frühjahr 2023 erhoben und verdeutlichen die Herausforderungen, mit denen gesetzlich Versicherte konfrontiert sind, während Privatpatienten oft deutlich besser abschneiden.

Die Situation wird von mehreren Akteuren kritisiert. Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende GKV-Chefin, weist auf die Diskriminierung gesetzlich versicherter Patienten gegenüber Privatpatienten hin. Sie fordert, dass die medizinische Notwendigkeit und nicht der Versicherungsstatus bei der Vergabe der Facharzttermine entscheidend sein sollte. Auch der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kritisiert die längeren Wartezeiten für Kassenpatienten als „nicht tragbar“ und fordert Gleichbehandlung.

Diskriminierung und Zweiklassenmedizin

Die Tatsache, dass viele gesetzlich Versicherte Monate auf einen Facharzttermin warten müssen, während Privatpatienten oft mit sofortigen Terminen rechnen können, ist ein zentrales Anliegen. Ein Beispiel verdeutlicht die Schieflage: Während Privatpatienten in der Regel einen Termin oft innerhalb weniger Tage erhalten, müssen gesetzlich Versicherte häufig Wochen oder Monate warten. 90 Prozent der Menschen in Deutschland sind gesetzlich versichert, was diese Ungleichheit umso bedenklicher macht.

Die GKV kritisiert zudem, dass bei der Terminvergabe in Arztpraxen oft nach der Versicherungsart gefragt wird, was laut Stefanie Stoff-Ahnis nicht erlaubt sein sollte. Ein Vorschlag, der in dieser Debatte geäußert wurde, ist die gesetzliche Verpflichtung für Arztpraxen, freie Termine tagesaktuell in ein Onlineportal einzustellen.

Internationale Vergleich und Auswirkungen

Dem internationalen Vergleich zufolge schneidet Deutschland jedoch insgesamt gut ab. Laut einer OECD-Studie warten 75% der Befragten im deutschen Gesundheitssystem innerhalb eines Monats auf einen Facharzttermin. Länder wie Schweden, Norwegen und Kanada haben signifikant höhere Wartezeiten, wobei über 50% der Befragten dort einen Monat oder länger auf einen Termin warten müssen. Nur 3% der Patienten in Deutschland müssen mehr als zwei Monate auf einen Termin warten, was die Situation relativ verbessert.

Bei der Primärversorgung zeigt sich, dass über 90% der Fälle bei geschlossenen Praxen durch Vertretungsärzte abgesichert sind. Trotzdem bleibt die Problematik der Wartezeiten und deren Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung bestehen. Weniger als 1% der Befragten in Deutschland verzichten wegen der Wartezeiten oder Kosten auf medizinische Behandlungen, was ein positives Zeichen in Bezug auf die Zugangsgestaltung im deutschen Gesundheitswesen ist.