Die Fortschritte in der personalisierten Medizin nehmen eine neue Dimension an, insbesondere im Bereich der Krebsbehandlung. Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE), der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und des BIFOLD an der TU Berlin hat einen innovativen Ansatz entwickelt, um die personalisierte Krebstherapie mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) zu verbessern. Dieser neue Ansatz könnte weitreichende Auswirkungen auf die Art und Weise haben, wie Behandlungen auf die individuellen Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten zugeschnitten werden.

Die maßgeschneiderte Medizin, die bisher lediglich auf einer begrenzten Anzahl von Parametern basierte, wird durch die Analyse von über 15.000 Patientendaten revolutioniert. Das KI-Modell untersucht das Zusammenspiel von 350 unterschiedlichen Parametern, die aus medizinischen Vorgeschichten, Laborwerten, bildgebenden Verfahren und genetischen Analysen gewonnen werden. Diese umfassende Datenbasis ermöglicht eine tiefere Einsicht in die prognostischen Wahrscheinlichkeiten für verschiedene Krebsarten. Professor Frederick Klauschen, Direktor des Pathologischen Instituts der LMU, hebt hervor, dass konsistente und umfassende Analysemethoden notwendig sind, um das volle Potenzial der personalisierten Medizin auszuschöpfen.

Erklärbare KI für individuelle Prognosen

Ein bemerkenswerter Aspekt der Forschung ist die Anwendung erklärbarer Künstlicher Intelligenz (xAI), die es ermöglicht, nachvollziehbare Prognosen zu entwickeln. Diese Technologie macht es möglich, den spezifischen Beitrag jedes Parameters zur Gesamtprognose verständlich zu machen. Professor Jens Kleesiek betont die Relevanz dieses Ansatzes, insbesondere unter der Berücksichtigung, dass in der onkologisch-klinischen Praxis häufig starre Bewertungssysteme wie Tumorstadien genutzt werden. Die Ergebnisse der Studie, die in der Fachzeitschrift Nature Cancer veröffentlicht wurden, zeigen vielversprechende Perspektiven für die individualisierte Krebstherapie.

Das KI-Modell, das bereits mit Daten von über 3.000 Lungenkrebspatienten validiert wurde, ist in der Lage, eine Gesamtprognose zu ermitteln und gleichzeitig aufzuzeigen, wie die einzelnen Parameter miteinander interagieren. Die Forschenden beabsichtigen auch, diese Methode in Notfällen zu nutzen, um diagnostische Parameter rasch zu bewerten. Professor Martin Schuler kündigte klinische Studien an, um den tatsächlichen Nutzen für Patienten zu belegen.

Herausforderungen für die Umsetzung

Dennoch sieht sich die KI-basierte personalisierte Medizin auch Herausforderungen gegenüber. Laut einem Bericht wird die Bedeutung neuer Technologien von Gesetzgebern und Regulierungsbehörden oft unterschätzt, was zu hinderlichen Zulassungsprozessen führt. Stephen Gilbert, Professor für Medical Device Regulatory Science, betont die Notwendigkeit eines grundlegenden Wandels in diesen Prozessen, um eine schnellere Implementierung innovativer Behandlungsmethoden zu ermöglichen.

Vorschläge zur Verbesserung der Situation umfassen unter anderem eine Neubewertung der Nutzen-Risiko-Abwägungen bei hochgradig personalisierten Behandlungsansätzen sowie die Einführung von bereits in den USA bewährten Entscheidungshilfen in der EU. Darüber hinaus wird eine flexiblere Anpassung der Sicherheitsbewertung bestehender digitaler Anwendungen angeregt. An dieser interdisziplinären Herausforderung sind verschiedene Institutionen beteiligt, darunter das EKFZ für Digitale Gesundheit an der TU Dresden und das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie.

Die Ergebnisse dieser bahnbrechenden Forschung bieten nicht nur einen neuen Blick auf die personalisierte Krebstherapie, sondern zeigen auch dringenden Handlungsbedarf auf, um innovative Ansätze effektiv in die klinische Praxis zu integrieren. Zahlenmäßige und datenbasierte Therapieansätze könnten so bald zur Norm werden, was entscheidend für verbesserte Behandlungsresultate wird.

Für weitere Informationen können Sie die Studien und Berichte unter den folgenden Links einsehen: Universität Duisburg-Essen, LMU München, und Healthcare in Europe.