Am 31. Januar 2025 hat das Landgericht München I einen Arzt wegen der Vergewaltigung betäubter Patientinnen verurteilt. Der 52-jährige Gastroenterologe erhielt eine Strafe von sechseinhalb Jahren Haft. Der Vorsitzende Richter erklärte, dass die Anklagepunkte ohne vernünftigen Zweifel erwiesen seien. Die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich eine Haftstrafe von acht Jahren gefordert.
Die Vorwürfe beziehen sich auf Übergriffe, die in einer Münchner Gemeinschaftspraxis während Darmspiegelungen verübt wurden. Der Arzt soll ohne medizinischen Grund in die Vagina seiner Patientinnen eingegriffen haben, während diese sediert waren. Diese medizinische Sedierung wurde häufig mit Propofol durchgeführt, was dazu führte, dass die Frauen in einen tiefen Schlaf versetzt wurden und sich nicht wehren konnten.
Prozessverlauf und Verteidigung
Der Prozess gegen den Angeklagten begann mit schweren Vorwürfen, die sich über einen Zeitraum von vier Jahren, von 2017 bis 2021, erstrecken. Insgesamt wurden 19 Fälle von sexuellem Missbrauch angeklagt. Der Angeklagte bestritt die Vorwürfe „vollumfänglich“ über seine Verteidigerin, die eine mögliche Verschwörung gegen den Arzt ins Spiel brachte und behauptete, die Vorfälle könnten aus einem Streit mit einem Kollegen resultieren.
Zeugenaussagen von vier medizinischen Fachangestellten stützten die Anklage. Eine Zeugin stellte klar, dass es keinen medizinischen Grund für die Eingriffe gegeben hatte. Eine andere äußerte Bedauern darüber, dass sie die Vorfälle nicht früher gemeldet hatte.
Gesellschaftlicher Kontext und Prävalenz sexuellen Fehlverhaltens
Die Fälle von sexuellem Fehlverhalten durch Gesundheitsfachkräfte sind in Deutschland kein Einzelfall. Eine aktuelle Studie hat ergeben, dass bis zu 4,5 Prozent der Bevölkerung Erfahrungen mit professionellem sexuellem Fehlverhalten gemacht haben, wobei viele dieser Vorfälle in der ambulanten Versorgung stattfanden. Die Täter waren überwiegend männlich, wobei insbesondere Ärzte stark vertreten waren. Rund 36 Prozent der Befragten berichteten von sexuellen Kontakten mit Ärzten.
Die Studie hebt hervor, dass ein Drittel der Betroffenen angeben, dass die Übergriffe gegen ihren Willen stattfanden. Diese Problematik wird durch starke Hierarchien und intime Beziehungen zwischen Ärzten und Patienten begünstigt, die oft nicht als Machtgefälle erkannt werden. Des Weiteren berichten viele Menschen aus Scham und Schuldgefühlen nicht über ihre Erfahrungen.
Die jüngsten Ereignisse und das Urteil gegen den Arzt aus München stellen einen weiteren traurigen Beweis dafür dar, dass solche Grenzüberschreitungen im Gesundheitswesen leider gang und gäbe sind. Die Studie fordert daher mehr Präventionsmaßnahmen und Schutzkonzepte für Patienten, um die Wiederholung solcher Vorfälle zu verhindern.
Für alle weiteren Informationen zu den Verfahren und den aktuellen Entwicklungen können Sie die Berichte von op-online, tz und Ärzteblatt konsultieren.