Der Zugang zu Arztterminen wird für Kassenpatienten in Deutschland zunehmend schwieriger. Laut Informationen von ZVW müssen diese im Durchschnitt bis zu drei Monate länger auf Termine warten, insbesondere bei Fachärzten wie Dermatologen oder Gynäkologen. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sind entscheidend für die Gesundheit, doch die sich hinziehende Terminvergabe erfordert häufig Geduld und manchmal auch Glück.

Die Schwierigkeiten bei der Terminvergabe sind nicht nur ein lokales Problem, sondern betreffen viele Menschen deutschlandweit. Eine Umfrage des WDR zeigt, dass besonders in Nordrhein-Westfalen viele Patienten mit langen Wartezeiten konfrontiert sind. Ein Orthopädentermin kann beispielsweise bis zu zwei Monate in Anspruch nehmen. Eine betroffene Frau berichtet gar von einer sechsmonatigen Wartezeit auf einen Facharzttermin. Um schneller einen Termin zu erhalten, schickt sie privatversicherte Familienmitglieder vor, was die Ungerechtigkeit im System verdeutlicht.

Ungleichheit zwischen Kassen- und Privatversicherten

Das Problem wird durch ein aktuelles Modell verstärkt, in dem privatversicherte Patienten bevorzugt behandelt werden. Kassenpatienten müssen oft mehrere Wochen auf einen Termin warten, während Privatversicherte in derselben Praxis bereits zu Beginn des Jahres beim Dermatologen einen Termin erhalten. Diese Bevorzugung wurde auch von Stefanie Stoff-Ahnis, der stellvertretenden Verbandschefin der gesetzlichen Krankenkassen, kritisiert. Sie fordert ein gesetzliches Verbot dieser Praxis und betont, dass die Diskriminierung gesetzlich versicherter Patienten nicht länger hingenommen werden kann.

Andreas Gassen von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sieht die Problematik jedoch anders und spricht von einer „Neiddebatte“. Unterdessen hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach betont, dass es ungerecht ist, wenn finanzielle Mittel über die Behandlungsgeschwindigkeit entscheiden. Dies wird zusätzlich durch das Finanzierungsmodell unterstrichen, bei dem Kassenpatienten oft nicht genug Behandlungskosten abgedeckt sind, da die Behandlungen durch fixe Pauschalen geregelt sind.

Qualität und Behandlungserfolg im Gesundheitswesen

Nicht nur die Wartezeiten, sondern auch die Qualität der Behandlungen wirft Fragen auf. Eine Untersuchung des BKK-Dachverbandes erläutert, dass der Behandlungserfolg nicht das einzige Kriterium für Therapieentscheidungen sein sollte. Der Einfluss ökonomischer Interessen ist nicht zu unterschätzen. So können vermeidbare Eingriffe, etwa an Hüft- und Kniegelenken, durch finanzielle Aspekte gefördert werden.

Eine große Variabilität in der Qualität der Behandlungen ist festzustellen. Beispielsweise liegt das Risiko, an den Folgen einer Darmkrebsoperation zu sterben, in Kliniken mit geringer Erfahrung um 59% höher als in hochspezialisierten Krankenhäusern. Trotz der Einführung von Mindestmengen für bestimmte Eingriffe, um gravierende Qualitätsunterschiede zu reduzieren, gelten diese Regelungen nicht für die Mehrheit der chirurgischen Verfahren.

Die Diskussion um eine qualitätsabhängige Vergütung von Ärzten und Kliniken läuft bereits seit Jahren, ohne dass Ergebnisse erzielt werden konnten. In anderen Ländern, wie den Niederlanden und Dänemark, wurden hingegen bereits entsprechende Kriterien erfolgreich umgesetzt. Der Handlungsbedarf ist sowohl in Bezug auf Wartezeiten als auch auf die Behandlungsqualität unübersehbar.

Insgesamt zeigt sich, dass die Herausforderungen im deutschen Gesundheitssystem weitreichend sind, von langen Wartezeiten für Kassenpatienten bis hin zu Qualitätsunterschieden in der Behandlung. Die Forderungen nach einer Reform des Systems werden lauter, um echte Chancengleichheit und eine angemessene medizinische Versorgung sicherzustellen.