Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos äußerte Ursula von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission, dass die Unterbrechungen der günstigen Energielieferungen aus Russland erhebliche Auswirkungen auf die Energiepreise innerhalb der Europäischen Union haben. Vor dem Jahr 2022 bezog die EU 45 % ihres Gases und 50 % ihrer Kohle aus Russland. Der Ukrainekrieg, der im Februar 2022 ausbrach, führte dazu, dass Russland die Gaslieferungen stoppte und die Importe in die EU um etwa 75 % zurückgingen.

Aktuell importiert die EU lediglich 3 % ihres Öls aus Russland und hat keinerlei Kohle mehr aus diesem Land bezogen. Der Verlust dieser russischen Lieferungen hat die Energiekrise in der EU erheblich verschärft. Um dem entgegenzuwirken, hat die EU umfassende Sanktionen gegen Russland verhängt, die vor allem die Industrie sowie den Energie- und Finanzsektor betreffen. Unter anderem stellte Russland 2022 die Gaslieferungen nach Deutschland über die Nord Stream 1-Pipeline ein, unter Berufung auf Wartungsarbeiten und Probleme aufgrund von Sanktionen. Später wurde die Nord-Stream-Zwillingspipeline im September 2022 durch Sabotage beschädigt.

Erneuerbare Energien als Lösung

Von der Leyen betonte in ihrer Ansprache die Notwendigkeit, die russischen Energielieferungen durch erneuerbare und nukleare Energie zu ersetzen. Sie forderte verstärkte Investitionen in saubere Energietechnologien, unter anderem in Bereiche wie Fusion, fortschrittliche Geothermie und Festkörperbatterien. Parallel dazu drängen Ungarn und die Slowakei darauf, die EU-Sanktionspolitik zu überdenken und diplomatische Lösungen für den Ukraine-Konflikt zu suchen.

Ein weiterer entscheidender Faktor in der sich verändernden Energieversorgung ist der Ausstieg der Ukraine aus dem russischen Gastransit. Am 1. Januar 2025 wurde der Transit über eine alte Pipeline eingestellt, nachdem ein Vertrag mit Gazprom nicht verlängert wurde. Robert Fico, der slowakische Ministerpräsident, drohte mit der Aussetzung humanitärer Hilfe an die Ukraine und mit der Unterbrechung der Stromversorgung, falls der Gastransit nicht wieder aufgenommen wird.

Langfristige Energiezukunft Europas

Im Kontext dieser Entwicklungen wird die Energieversorgungssicherheit in der EU als zunehmend fragil wahrgenommen. Das REPowerEU-Programm zielt darauf ab, die klimapolitischen Ziele zu überarbeiten und die Gaslieferanten zu diversifizieren. Trotz des ehrgeizigen Ziels, den Anteil erneuerbarer Energien von 40 % auf 45 % bis 2030 zu erhöhen, steht die EU vor der Herausforderung, einen signifikanten Anstieg des Strombedarfs bis 2050 zu bewältigen, um die Umstellung auf grünen Wasserstoff und Elektrifizierung zu ermöglichen.

Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass fossile Energien für 75 % der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich sind. Vor der Invasion der Ukraine ging man von einem sinkenden Verbrauch fossiler Energieträger und einer stabilen Gasversorgung aus, insbesondere durch russische Importe. Diese Annahmen erweisen sich nun als überholt. Der Wegfall der russischen Gaslieferungen stellt die Rolle von Erdgas als „Brückentechnologie“ vor erhebliche Herausforderungen.

Die Unsicherheiten auf dem globalen Markt, insbesondere in Verbindung mit den hohen Preisen für Erdgas, erhöhen den Druck auf die Industrie und gefährden letztlich die Wettbewerbsfähigkeit. Um die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen aus Ländern wie Russland zu vermindern, ist es notwendig, die LNG-Infrastruktur auszubauen und eine zunehmende Produktion sowie den Import von grünem Wasserstoff voranzutreiben.

Zusammenfassend zeigt sich, dass die künftige Energieversorgung Europas eine Vielzahl von politischen und wirtschaftlichen Dilemmas birgt, die ein schnelles und koordiniertes Handeln erfordern. Nur durch Innovationen und klare Strategien kann eine stabile und emissionsfreie Energieversorgung sicher gestellt werden. Langfristige Prognosen sind jedoch unsicher, und eine vollständige Autarkie ist nicht realistisch.